"Der Präsident der Herzen" Gauck soll Präsident werden – Kanzlerin Merkel gibt nach

Berlin Regierung und rot-grüne Opposition wollen den früheren DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck zum Bundespräsidenten wählen. Sie sei sicher, dass Gauck "wichtige Impulse geben" könne, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Abend bei einer Pressekonferenz mit Gauck und den anderen Parteichefs im Kanzleramt. Die "Idee der Freiheit" sei das zentrale Thema des ehemaligen Chefs der Stasi-Unterlagenbehörde, das sie "bei aller Verschiedenheit" mit Gauck verbinde. "Ende gut, alles gut", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er lobte die offenen Gespräche im Vorfeld der gemeinsamen Nominierung Gaucks und sprach die Erwartung aus, dass dieser die Kluft zwischen Bevölkerung und Politik überwinden werde.

Gauck sprach von einem "besonderen Tag" und einer "Verwirrung der Gefühle". Er sei "überwältigt". Die Kanzlerin habe ihn im Taxi vom Flughafen erreicht. Am meisten bewege es ihn, dass ein aus der DDR stammender Mensch an die Spitze der Bundesrepublik gerufen werde. Das Wichtigste sei, dass die Menschen wieder lernten, dass sie in einem "guten Land" lebten. Sie sollten ihre Verantwortung annehmen und nicht als Zuschauer dabei stehen: "Erwarten Sie nicht, dass ich ein fehlerfreier Mensch bin."

Bis zum Abend hatte sich Merkel gegen den von SPD und Grünen erneut favorisierten Gauck gesperrt und es sogar zu einer schweren Koalitionskrise kommen lassen, als die FDP am Nachmittag in einer Schaltkonferenz des Präsidiums einstimmig für Gauck votierte. Das CDU-Präsidium hatte gleichzeitig die Vorbehalte Merkels gegen Gauck bestätigt und stattdessen für Ex-Umweltminister Klaus Töpfer oder den ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber votiert. Beide CDU-Vorschläge lehnte die FDP ab und legte sich auf Gauck fest. Daraufhin gab die Bundeskanzlerin nach und ging ihrerseits mit dem Vorschlag Gauck in die Gespräche mit SPD und Grünen. Gabriel hatte zuvor schon klargemacht, dass Gauck erneut der Favorit von Rot-Grün sei.

FDP-Chef Philipp Rösler sagte, Gauck sei ein guter Kandidat und werde ein guter Bundespräsident sein. "Wir freuen uns sehr", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. Gauck werde seinem Amt Respekt und Würde geben. Sie verwies auf eine aktuelle Umfrage, wonach 54 Prozent der Deutschen Gauck bevorzugten. Für NRW-Vizeregierungschefin Sylvia Löhrmann (Grüne) steht Gauck für die Macht des Wortes und für Werteorientierung. "Er wird unserer Demokratie gut tun", sagte Löhrmann unserer Zeitung. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, seine Partei sei von Anfang an auf Konsens orientiert gewesen.

(RP/jh-)
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