Fernsehkritik "Konrad Adenauer — Stunden der Entscheidung" "Adenauer" - überladen und doch eindrucksvoll

Düsseldorf · Für viele Deutsche war er eine Vaterfigur: Konrad Adenauer. Der Fernsehfilm "Konrad Adenauer – Stunden der Entscheidung" versucht, hinter die Machtkulisse des ersten Bundeskanzlers zu blicken und auch dem Privatmann näher zu kommen. Doch bleibt der 89-Minüter vor allem an dem haften, wer Adenauer war: ein großer deutscher Politiker – mit menschlichen Zügen.

Der Fersehfilm "Konrad Adenauer - Stunden der Entscheidung"
8 Bilder

Der Fersehfilm "Konrad Adenauer - Stunden der Entscheidung"

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Für viele Deutsche war er eine Vaterfigur: Konrad Adenauer. Der Fernsehfilm "Konrad Adenauer — Stunden der Entscheidung" versucht, hinter die Machtkulisse des ersten Bundeskanzlers zu blicken und auch dem Privatmann näher zu kommen. Doch bleibt der 89-Minüter vor allem an dem haften, wer Adenauer war: ein großer deutscher Politiker — mit menschlichen Zügen.

14 Jahre lang regierte er die gerade neu gegründete Bundesrepublik Deutschland. 14 Jahre voller politischer Brisanz: Die Verhandlungen zur ersten Regierung, die Rückführung der Kriegsgefangenen, der Mauerbau, die Aussöhnung mit Frankreich. Das alles verpackt in 89 Minuten. Fast zu viel für einen einzigen Film, gewinnt man zwischendurch den Eindruck. Und doch ist jeder einzelne Moment wichtig, um das Wirken und Handeln Adenauers zu verstehen.

Es ist eine Zeitreise in die Anfänge der Bundesrepublik, eine Reise zurück zu jenen schwierigen Jahren nach dem Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland. Adenauer ist die Schlüsselfigur. Jener Mann, der selbst unter den Nazis gelitten hatte, von ihnen als Oberbürgermeister von Köln abgesetzt und mehrmals verhaftet wurde. Eine Zeit, die ihn und auch sein späteres politisches Leben geprägt hat.

Der Mauerbau — Anfang vom Ende

Der Film selbst beginnt jedoch mit leisen Tönen, mit einem Bundeskanzler, der "plötzlich wie erstarrt" war, "unfähig zu handeln". Es ist der Anfang vom Ende seiner politischen Karriere: der Berliner Mauerbau. Adenauer ist für niemanden zu sprechen, er will nicht nach Berlin reisen, auch wenn ihn alle dazu drängen. Erst gegen Ende des Films wird aufgeklärt, warum: Er will die ohnehin bereits angespannte Stimmung zwischen der Sowjetunion und den USA nicht weiter anheizen, nicht die Gefahr eines Atomkriegs heraufbeschwören.

Diese ersten Minuten beeindrucken. Sie zeigen einen Kanzler, der seinen Weg geht. Den Weg, von dem er überzeugt ist, er sei der richtige. Und Joachim Bißmeier schafft es in der Rolle des Kanzlers, solche Augenblicke wie diesen zu den besten des Films zu machen. Jene Momente, in denen Adenauer seinen Gedanken nachhängt, der Blick fast verloren aus dem Fenster gleitet. So war es bei der Machtergreifung der Nazis, so war es beim Mauerbau und so war es an seinem letzten Amtstag ("die dritte Entlassung war die Schlimmste"). Diese Momente sind es, die den Menschen Adenauer zeigen, ganz ohne Worte.

Die Spielszenen im Kreise der Familie dagegen wirken teils unwirklich, künstlich. Sie kommen weniger der Privatperson Adenauer, sondern vielmehr der Person Gussi, seiner Frau nahe. Aber das hätte der ohnehin an mancher Stelle überladen wirkende Film nicht noch gebraucht.

Vielmehr bieten die Interviews mit Adenauers Kindern Libet Werhahn-Adenauer und Georg Adenauer einen Blick auf den Privatmann. Die Tochter, die immer nur von "dem Vater" spricht, die erzählt, dass er der ruhende Pol in der Familie gewesen sein und auch eine bedeutende Erscheinung. Oder der Sohn, der ihn im Sammellager der Nazis in Köln sah. "So habe ich meinen Vater noch nie gesehen. In den Kölner Messehallen, die er selbst gebaut hat", wird er sagen.

Der wenig geliebte Franz Josef Strauß

Es ist der Machtmensch, den einen der Film näher bringt. "Du liebst die Menschen nicht", sagt seine Frau Gussi. "Wie auch, nach allem, was passiert ist", entgegnet Adenauer. Regisseur Stefan Schneider zeichnet das Bild eines "würdevoll und abgeklärten" Mannes, der nicht stillhalten kann, der voller Tatendrang ist, der aber auch deutlich seine Meinung vertritt entgegen aller Widerstände. Und das gelingt Schneider eindrucksvoll.

Nicht nur durch die Interviews mit den Kindern und Historikern, nicht nur durch die Einstreuung von historischen Filmaufnahmen, sondern auch durch die kleinen Spielszenen. Etwa das beinahe versteckte Lächeln auf den Lippen von Adenauer-Charakter Bißmeier, als es dem Kanzler doch noch gelingt, die feststeckenden Verhandlungen mit der Sowjetunion um die deutschen Kriegsgefangenen zu drehen. Oder jene Szene, in der er dem von ihm wenig geliebten Franz Josef Strauß die Rolle des Familienministers anträgt. Jenem ledigen, aufstrebenden Politiker, der so gar nichts mit dem Weltbild des Christen Adenauers gemein zu haben scheint.

Diese Szenen sind es, die aus dem Film ein eindrucksvolles Zeugnis deutscher Geschichte werden lassen. Und die einen Kanzler zeigen, der hinter allem politischen Kalkül eines gewesen ist: ein Mensch mit unerschütterlichen Moralvorstellungen. Ein Mensch, der, wie sein Sohn Georg sagt, "seine Aufgabe darin gefunden hatte, aus Deutschland noch mal was zu machen".

(das)
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