Gießen Gericht bestätigt Verurteilung von Ärztin wegen Abtreibungswerbung

Gießen · Das Landgericht Gießen hat am Freitag die Verurteilung der Ärztin Kristina Hänel wegen illegaler Werbung für Abtreibungen bestätigt.

 Ärztin Kristina Hänel vor Gericht.

Ärztin Kristina Hänel vor Gericht.

Foto: dpa/Silas Stein

Die Berufung der Medizinerin gegen das Strafurteil des Amtsgerichts der hessischen Stadt wurde verworfen, wie das Gericht entschied.

Das Gericht äußerte zwar Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Werbeverbots, lehnte eine Vorlage des Falls in Karlsruhe aber trotzdem ab. Indirekt forderte es eine politische Entscheidung in der Sache. Die Gerichte seien "in solchen Dingen überfordert". An die Adresse Hänels hieß es: "Sie müssen das Urteil tragen wie einen Ehrentitel in einem Kampf für ein besseres Gesetz."

Hänel sagte in ihrem Schlusswort, dass Frauen inzwischen in vielen Landesteilen im Deutschland keinen Arzt mehr fänden, der Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Daran sei auch der Paragraf 219a schuld. Für sie sei es eine Gewissensfrage, dass Frauen, die in Not geraten sind, eine medizinisch korrekte Behandlung bekommen.

Hänel war im vergangenen November vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie auf der Internetseite ihrer Praxis über Schwangerschaftsabbrüche informiert hatte. Nach Auffassung des Gerichts verstieß sie damit gegen das Werbeverbot für Abtreibungen nach Paragraf 219a Strafgesetzbuch.

Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten am Morgen rund 150 Menschen für einen freien Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbrüche. Es könne nicht sein, dass es in Deutschland mit dem Paragrafen 219a immer noch ein Gesetz gebe, das die Aufklärungsarbeit von Ärzten einschränke, sagte der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel in Gießen. Die aktuelle Regelung kriminalisiere „Ärztinnen und Ärzte dafür, dass sie ihre Arbeit tun“.

Paragraf 219a - Werbeverbot für Abtreibungen

Paragraf 219a im Strafgesetzbuch untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht.

Die Norm geht auf eine rechtspolitische Debatte zurück, die in die Weimarer Republik zurückreicht und als Paragraf220 Reichsstrafgesetzbuch vom 1. Juni 1933 verankert wurde. Danach machte sich strafbar, wer öffentlich seine eigenen oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung von Abtreibungen anbot.

Die aktuelle Fassung des Gesetzestextes beruht auf der Neuregelung der Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch von 1974. Die Anwendung wurde auf die Tatbestandsmerkmale "seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise" eingeschränkt.

(csr/AFP/KNA/epd)
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