Weltkindertag Fast die ganze Stadt ist ein Spielplatz

Im Rahmen der NRW-Kampagne "Mehr Freiraum für Kinder" sollen Städte kindgerechter werden. Ein Vorbild ist Griesheim in Hessen. Dort finden Kinder in der ganzen Stadt Dinge zum Spielen - und auch die Bürgermeisterin hopst manchmal mit.

 Artikel 31 der Kinderrechte: „Du hast das Recht auf Freizeit, zu spielen, Dich zu erholen und künstlerisch zu betätigen.“Jonas Lipski (9) geht in Emmerich auf die Liebfrauen-Schule. Dem Viertklässler ist wichtig, dass Kinder weltweit ein Recht auf Freizeit haben. Sie sollen spielen können, entweder im Freien oder in einem Verein. Hauptsache, sie haben Spaß und sind mit ihren Freunden zusammen. Wenn er erwachsen ist, möchte er Architekt werden.

Artikel 31 der Kinderrechte: „Du hast das Recht auf Freizeit, zu spielen, Dich zu erholen und künstlerisch zu betätigen.“Jonas Lipski (9) geht in Emmerich auf die Liebfrauen-Schule. Dem Viertklässler ist wichtig, dass Kinder weltweit ein Recht auf Freizeit haben. Sie sollen spielen können, entweder im Freien oder in einem Verein. Hauptsache, sie haben Spaß und sind mit ihren Freunden zusammen. Wenn er erwachsen ist, möchte er Architekt werden.

Foto: Jonas Lipski

In Griesheim können manche Wege schon mal länger dauern - besonders für Kinder. Denn sie laufen seit einigen Jahren nicht mehr durch die 29.000-Einwohner-Stadt in Hessen, sondern spielen sich ihren Weg voran. Auf Bürgersteigen, kleinen Plätzen oder anderen Freiflächen wurden Spielgeräte aufgebaut, die vielfältig nutzbar sind: Auf ihnen lässt sich sitzen, klettern, turnen oder hüpfen. 2009 wurde die Gemeinde bei Darmstadt zur ersten "Bespielbaren Stadt" Deutschlands ernannt und gewann nationale und internationale Auszeichnungen.

 2009 wurde Griesheim zur ersten "Bespielbaren Stadt" Deutschlands ernannt und gewann nationale und internationale Auszeichnungen.

2009 wurde Griesheim zur ersten "Bespielbaren Stadt" Deutschlands ernannt und gewann nationale und internationale Auszeichnungen.

Foto: AP, AP

Bürgermeisterin Gabriele Winter (SPD) wird in nächster Zeit sicherlich wieder häufiger Besuchergruppen durch ihre Kommune führen. Griesheim gilt als Modellprojekt für Stadtplaner und wird in der Kampagne "Mehr Freiraum für Kinder" für sichere Straßen und Wege als Vorbild genannt. Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) hat diese vor kurzem gestartet. Die Mittel für Projekte in NRW kommen aus dem Nahmobilitätsprogramm, das mit 10,6 Millionen Euro budgetiert ist, sowie aus dem Programm für Verkehrssicherheit (350 000 Euro). Neue Projekte bekommen derzeit aber keine Förderung - zumindest so lange, bis die Haushaltssperre aufgehoben ist.

Dass sich für Kinder etwas tun muss, hat unlängst auch eine Umfrage der Landesbausparkassen erwiesen: Jedes dritte Kind in Deutschland findet in der Nähe seines Zuhauses keinen schönen Platz, um zu spielen oder sich mit Freunden zu treffen. Das ist das Ergebnis einer Befragung unter neun bis 14 Jahre alten Kindern.

Auch wenn Griesheim verhältnismäßig klein ist, taugt es als Vorbild für Großstädte. "Auch diese haben Stadtteile, die in der Struktur unserer gar nicht so unähnlich sind", sagt Winter. Ihr Projekt hat etwa 100 000 Euro gekostet, von denen die Stadt weniger als ein Fünftel selbst getragen hat. Der Großteil wurde gespendet. In Griesheim gilt in der Innenstadt Tempo 30, Straßen können nach einem Antrag für einen Tag als "Spielstraße auf Zeit" gesperrt werden.

Die Kinder haben ihre Schulwege kartiert: Eine Figur in einer Bodenplatte - der "kleine Griesheimer" - weist auf die Stellen hin, an denen sie die Straße sicher überqueren können, weil sie die Autos gut sehen und die Autofahrer sie gut sehen. Dass die Kinder auf Bürgersteigen spielen und toben, sei kein Problem, betont Bürgermeisterin Winter. "Die Unfallzahlen gehen seit Jahren zurück." In den dreieinhalb Jahren, in denen sie im Amt sei, habe es nicht einen Schulwegunfall gegeben. Wichtig sei, die Perspektive der Kinder einzunehmen und ihre Meinung wertzuschätzen.

Einige Städte in NRW haben sich schon auf den Griesheimer Weg begeben: In Aachen etwa legt man bei Neubauten nicht nur die Zahl der Auto-Stellplätze, sondern auch die Größe von Spielflächen fest. Zehn Quadratmeter pro Kind müssen wohnortnah zur Verfügung stehen. "Damit sind wir sicher auch ein Vorreiter", betont Gisela Nacken, Aachens Dezernentin für Planung und Umwelt.

Zudem gibt es ebenfalls Projekte für den sicheren Schulweg, es wurden abseits der Schulen Haltestellen für "Elterntaxis" eingerichtet und Spielinseln in der Stadt gebaut, die auf kleinen Flächen Bewegungsanreize bieten und die größeren Spielplätze mit sogenannten "Spiel-Linien" verbinden. "In den 70er Jahren ging es bei der Planung um eine autogerechte Stadt, jetzt steht das Miteinander im Fokus", sagt Nacken, die allerdings für ihre Kommune noch eine große Wegstrecke vor sich sieht.

Schon erreicht ist das Ziel des Griesheimer Projekts, den öffentlichen Raum attraktiver und nutzbarer zu machen. Selbst Erwachsene beschäftigen sich mit den Spielgeräten. "Jeder macht sich mal einen Spaß - ich auch", sagt Winter. Die Stadt habe sich verändert. Zum Guten. Nicht nur die Kinder seien glücklicher. Deshalb macht der Untertitel der NRW-Kampagne "Mehr Freiraum" Sinn. Der lautet "Ein Gewinn für alle!"

(RP)
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