Weltkindertag Forscherinnen als Lego-Figuren

Düsseldorf · Mädchenspielzeug ist rosa? Nein. Die Hersteller räumen auf mit Rollenklischees - und begeistern Kinder für die Wissenschaft.

Dass Mädchen gerne Kinderwagen mit Puppen durch die Straßen schieben und Jungen im Sandkasten den Spielzeug-Bagger bedienen, ist nicht neu - und nicht schlimm. Pädagogen aber sind sich einig, dass auch Spielzeug, das klassische Rollenbilder aufbricht, Kindern nicht schaden kann.

Diesen Markt haben Spielzeughersteller wie Lego entdeckt. Das dänische Unternehmen hat im August sein "Forschungslabor" auf den Markt gebracht. Im Set enthalten sind: eine Paläontologin mit Dinosaurierskelett, Mikroskop und Vergrößerungsglas, eine Astronomin mit Teleskop und Sternenkarte sowie eine Chemikerin mit Schrank, Werkzeugen, Flaschen und Kolben. Das Labor avancierte innerhalb weniger Tage zum Verkaufsschlager - und ist inzwischen vergriffen.

Die Idee dazu kam von einer schwedischen Geochemikerin, die auf der Fan-Plattform "Lego-Ideas" ein Set mit weiblichen Forscherinnen anregte. "Die Nutzer der Plattform können über die Vorschläge abstimmen", so erklärt eine Lego-Sprecherin das Prinzip.

Hat ein Projekt 10.000 Stimmen bekommen, wird intern besprochen, ob es umsetzbar ist und den Ansprüchen des Unternehmens entspricht. In diesem Fall war das Ergebnis eindeutig: "Das Forschungslabor hat sowohl die Fans als auch uns überzeugt."

Eltern und Kinder waren begeistert - und kauften die Regale leer. "Endlich ein Set für abenteuerlustige, intelligente Mädchen, die sich auch noch für andere Dinge interessieren, als am Strand zu liegen und shoppen zu gehen", urteilte eine Käuferin.

Kluge Frauen punkten, jedoch finden einige Fans, dass die Weiblichkeit der Figuren nicht zu kurz kommen darf: "Ich finde, dass sie doch noch sehr herbe Gesichtszüge haben", meint ein Fan. Am Verkaufserfolg änderte das nichts, wie ein anderer Kommentar zeigt: "Super, das wurde endlich mal Zeit. Schließlich stehen heutzutage auch Frauen beruflich ,ihren Mann'. Ich als Laborantin werde mir das Set mit der Chemikerin besorgen."

Wünschenswert wäre, dass derartiges Spielzeug die Lust der Mädchen auf wissenschaftliche Berufe weckt. Denn noch immer stehen die MINT-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) beim weiblichen Geschlecht nicht gerade hoch im Kurs.

Nur etwa neun Prozent der Studentinnen deutschlandweit belegten laut aktueller Studie des Deutschen Studentenwerks 2012 das Fach Ingenieurwissenschaften - bei ihren männlichen Kommilitonen waren es 33 Prozent. Auch bei Mathe gibt es deutliche Unterschiede: 23 Prozent der männlichen Studenten entscheiden sich für das Fach, bei den Studentinnen waren es 16 Prozent. Hoch im Kurs sind bei den künftigen Akademikerinnen Betriebswirtschaftslehre, Germanistik, Jura und Pädagogik, so das Statistische Bundesamt.

Die Revolution auf dem Spielzeug-Markt ist indes in vollem Gange. Im Februar sorgte eine Siebenjährige aus den USA für Furore: Sie hatte in einem Brief an Lego das Aus für die klassische Rollenverteilung bei den Figuren gefordert. Ihr war aufgefallen, dass in der Bauklotzwelt Jungen arbeiten gehen und Mädchen zu Hause bleiben. "Ich will, dass ihr mehr Lego-Mädchen schafft und sie Abenteuer erleben lasst", schrieb Charlotte.

Ingelore Mammes von der Uni Duisburg-Essen setzt sich mit den Themen Schule und technische Bildung auseinander und findet das Forschungslabor toll. "Noch immer sind vergleichsweise wenig Frauen in den MINT-Bereichen tätig", erklärt sie. Sie glaubt, dass solches Spielzeug Berührungsängste abbaut. "Wenn Kinder früh positive Erfahrungen bezüglich technischer Bildung machen, dann stärkt das ihr Selbstvertrauen."

Zudem sei es gut, dass solches Spielzeug Vorbildrollen schaffe und Stereotypen aufbreche: "Es gibt nicht nur den Ingenieur, sondern auch die Ingenieurin", sagt Mammes. Weniger Sinn machen ihres Erachtens nach Bücher wie "Mathe für Mädchen", bei denen die Mädchen mit rosa Perlen rechnen. "So etwas ist weniger sinnvoll", so Mammes.

(RP)
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