Die historischen Watts Towers stehen in South Central Das vergessene Monument von Los Angeles

Los Angeles (rpo). Mitten im ärmsten und gefährlichsten Viertel von Los Angeles befindet sich eins der ungewöhnlichsten Kunstwerke der Vereinigten Staaten: die Watts Towers.

Die so genannten Watts Towers zählen insgesamt 17 bizarr geformte Türme, die bis zu 30 Metern hoch und über und über mit Kacheln, Glas und Muscheln bedeckt sind. Warum sie allerdings errichtet wurden, ist nicht bekannt.

Fest steht, dass das gigantische Werk von einem einizgen Mann erbaut wurde. Simon Rodia zog als Sohn einer Arbeiterfamilie 1896 von Italien nach Amerika. Im Alter von 40 Jahren kaufte er sich ein billiges Stück Land, welches direkt an stark befahrenen Bahngleisen lag. Noch am gleichen Tag begann Simon Rodia zu bauen und widmete sich die nächsten 30 Jahre seines Lebens dem merkwürdigen, architektonischem Wunder.

Da er tagsüber in einer Kachelfabrik arbeitete und nachts an seinen Türmen baute, bekam der völlig ungeschulte Künstler in diesen Jahren nur wenig Schlaf. Zwar erhielt er die Kacheln, mit denen er seine Tuerme bedeckte, von seiner Arbeitsstelle kostenlos und steckte auch sonst jeden Pfennig in sein Lebenswerk, doch das Geld reichte für die benötigten Materialien nicht aus. Mittlerweile hatte sich die Geschichte über den Italiener und sein ungewöhnliches Gebaeude aber herumgesprochen, und er bekam von allen Seiten Unterstuetzung. Bauarbeiter, die mit dem Zug zur Arbeit fuhren, machten es sich z.B. zur Gewohnheit, Materialien für Rodia aus dem fahrenden Zug zu werfen. Zweimal am Tag sammelte der Künstler dann alles, was er für seine Türme gebrauchen konnte, von den Bahngleisen ein.

1955 betrachtete Simon Rodia sein Werk als beendete und verließ die Stadt. Die Baubehörde von Los Angeles beschloss, die Türme aus Sicherheitsgründen abzureissen, doch eine Bürgerinitative konnte die Zerstörung im letzten Moment verhindern. Die Nachbarn hatten sich so sehr an die Watts Towers gewöhnt, dass sie sich ihr Viertel ohne die Türme nicht mehr vorstellen konnten. Fünf Jahre später wurde Rodias Werk zu einem Kulturmonument erklärt und wird seither täglich von Angestellten der Stadt gepflegt und überwacht.

Obwohl Rodia keinerlei Ausbildung als Architekt oder Inginieur hatte und nie einen Bauplan oder professionelle Werkzeuge gesehen hatte, erwiesen sich seine Türme als äußerst stabil. Zwar wurden sie während des großen Erdbebens von 1994 beschädigt, blieben aber stehen. Eine große Touristenattraktion sind die Watts Towers aber nicht. Auch Schulklassen und Familien besuchen das Monument nur selten.

Der Grund: Die Gegend um die Türme hat sich in den letzten 30 Jahren stetig verschlechtert. South Central gilt heute als äußert gefährlich und wird fast flächendeckend von bewaffneten Straßengangs kontrolliert. Und so gerät Simon Rodias einmaliges Kunstwerk mehr und mehr in Vergessenheit.

Katja Lau, Los Angeles

(RPO Archiv)
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