Willich Vier Prozent Rendite: Bürger leihen der Stadt Geld

Willich · Es soll ein neuer Weg werden, um in Zeiten der Finanzkrise trotzdem große Bauprojekte zu realisieren. Die Stadt Willich bietet ihren Bürgern ein neues Anleihemodell an. Erste Interessenten gibt es bereits.

Der neue Kindergarten in Schiefbahn wird gebraucht, aber das Geld dafür ist in der Willicher Stadtkasse nicht vorhanden. Deswegen arbeitet die Verwaltung an einem Finanzierungsmodell — unter Beteiligung der Bürger. "Bürgerinvest" nennt sich das Projekt, das die Stadt mit der "biw-Bank", die im Haus Broich in Anrath ihren Sitz hat — entwickeln möchte.

Grundlage ist das bekannte Modell einer "Public Private Partnership" — jetzt allerdings erweitert. Bisher war es üblich — und so wurde es auch schon in Willich mehrfach praktiziert (siehe Info) — , dass ein Investor ein Gebäude baut und sich die Refinanzierung über eine Bank sichert. Die Stadt mietet dann das Gebäude für einen festen Zeitraum und zu einem festen Mietzins. Danach geht das Gebäude in den Besitz der Stadt über.

Die jetzt geplante Erweiterung dieses Finanzierungsmodells sieht so aus, dass die Refinanzierung nicht von einer Bank geleistet wird, sondern dass die "biw" als Schnittstelle für viele private Geldgeber fungiert und das Projekt "abwickelt". Soll heißen: Die Bank sammelt das Geld von den Bürgern ein und bekommt dafür eine geringe Gebühr. Beteiligen kann sich jeder mit einer Einlage — in der Diskussion sind mindestens 5000 Euro. Dafür erhält der Bürger eine feste Verzinsung. Über die Höhe entscheidet die Stadt, nicht die Bank.

Kämmerer Willy Kerbusch hat beobachtet, dass nach Bekanntwerden des Vorhabens eine Begeisterung für diese Idee zu spüren sei. "Wir waren von dem frühzeitigen Interesse ganz überrascht", sagt er. "Es sind schon Leute mit einer Geldtasche hier bei uns gewesen." Etwa 20 Bürger hätten ihr Interesse bekundet — aus ganz verschiedenen Gründen. "Für einige ist es eine sichere Anlage, andere wollen ihr Geld lieber unserer Stadt geben als einem anonymen Banker", so Kerbusch. Der Vorteil für die Bürger wäre eine sichere Rendite zwischen 3,8 und 4 Prozent. Kerbusch vergleicht diese Anlage mit Bundesschatzbriefen. Zudem sei das Risiko für die Anleger aufgrund der fehlenden Insolvenzeigenschaften der Kommunen gering.

Der Stadt wiederum geht es bei dem Projekt um Wirtschaftsförderung und Bürgerbeteiligung. "Der wirtschaftliche Vorteil für uns ist eher gering", sagt Kerbusch. Auf dem Geldmarkt hätte es für die Stadt Kredite für diese Zeit mit einer Verzinsung zwischen 3,8 und 4,2 Prozent gegeben. Das Darlehen durch die Bürger liegt nur marginal darunter.

Langfristige Bindung

Das Problem — vor allem für ältere Menschen — sei die langfristige Bindung über 20 Jahre, so Kerbusch. Die braucht die Stadt, damit es für sie nicht teurer wird als über eine Kreditfinanzierung auf dem freien Markt. Und zwischendurch wieder neues Geld suchen, weil einzelne Bürgerdarlehen zurückgezahlt werden müssten, möchte Kerbusch auf keinen Fall. "Rein rechtlich ist das Modell, glaube ich, für die Stadt kein großes Problem, weil die Bank dazwischen geschaltet ist", meint der Kämmerer. Die Stadt darf nämlich keine Bankgeschäfte machen. Kerbusch will sich in diesen Tagen mit der Bank zusammensetzen und das Projekt besprechen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort