Wülfrath Moderner Kalkabbau

Düsseldorf · Reportage Die meisten Arbeiten im Steinbruch Rohdenhaus verrichten Maschinen. Die Besucher des Steinbruchs erlebten eine Sprengung mit.

„Mama, kannst du mir das andere zuhalten?“, fragt der fünfjährige Simon seine Mutter Yvonne Hülsemeyer, als er feststellt, dass es gar nicht so leicht ist, sich beide Ohren zu schützen und gleichzeitig ein Foto zu machen. In wenigen Augenblicken werden unten im Steinbruch fünf Tonnen Sprengstoff in die Luft gehen. „Das Bild verkaufe ich an die Zeitung“, sagt der Kleine. Außer dem rotgekleideten Sprengmeister, der sich in seinem Sprengdom befindet, ist der Bruch menschenleer. Kein Wunder: Alle Sprengungen finden während der Mittagspause statt.

Pünktlich zur Explosion herrscht strahlender Sonnenschein. Mit einer lauten Knall und einer riesigen Staubwolke stürzen 15 Tonnen Kalkstein in die Tiefe. In der Überraschung drückt Simon einen Moment zu spät auf den Auslöser.

Begonnen hatte die vom Zeittunnel organisierte Rundfahrt durch den Steinbruch Rohdenhaus bei strömendem Regen. Im Paul-Ludowig-Haus wurden die 44 Teilnehmer, darunter zehn Kinder, mit Helmen und Schutzbrillen ausgestattet. Letzte Instruktionen gab Reiseleiter Hans-H. Kleine-Doepke.

36 Jahre hat Kleine-Doepke als Instandhaltungsleiter bei Rheinkalk gearbeitet. Er ist froh, dass er durch die Besichtigungen, die er mehrmals im Jahr leitet, der Firma weiter verbunden bleibt. „Vor jeder Führung ruf’ ich bei der Betriebsleitung an, ob sich etwas verändert hat“, sagt Klein-Doepke.

Zehn Millionen Tonnen Kalkstein

Für Busfahrer Sükrü Tahta ist die Fahrt in den Steinbruch eine besondere Herausforderung. „Man muss langsam und vorsichtig fahren“, sagt er. Zehn bis zwölf Mal im Jahr fährt er die Tour, auf der die Teilnehmer aufgrund der Bodenunebenheiten ordentlich durchgerüttelt werden. „Zu nah an den brüchigen Wänden zu parken, kann gefährlich sein“.

Zehn Millionen Tonnen Kalkstein werden im Bruch Rohdenhaus jedes Jahr abgebaut. Mechanische Arbeit gibt es kaum noch. Nahezu alle Arbeiten wie das Steinbrechen oder -waschen übernehmen Maschinen. „Die könnten auch von Frauen gefahren werden“, sagt Kleine-Doepke, als ein 70 Tonnen schwerer SKW vorbeifährt.

Werksbesichtigung bei Rheinkalk

Nach einem kurzen Aufenthalt am gefluteten Steinbruch Prangenhaus geht es zum größtes Kalkwerk Europas, dem Rheinkalkwerk Flandersbach. 424 Mitarbeiter und 45 Auszubildende beschäftigt Rheinkalk in Wülfrath. Der Jahresumsatz des Unternehmens beträgt 300 Millionen Euro. Neben den 90 Meter langen Drehrohröfen, in denen der Kalk gebrannt wird, besichtigt die Reisegruppe den Steuerstand für den Steinbruch. Mittels modernster Computer- und Kameratechnik wird hier der Kalksteinabbau überwacht, vom Bohren über das Verladen bis hin zum Brechen. Etwa 60 Schwenkkameras beliefern die drei Überwachungsstände des Werks mit Bildmaterial.

Nach zweieinhalb Stunden endet die Busfahrt am Zeittunnel. Den kleinen Simon haben besonders die SKWs beeindruckt, die den Kalkstein abtransportieren. Auch Reiseleiter Klein-Doepke ist mit der Besichtigung zufrieden: „Das war eine pflegeleichte Gruppe heute“.

Nur einer darf noch nicht nach Hause. Der Boden des Busses von Sükrü Tahta ist nach dem Besuch im Steinbruch voll von Fußabdrücken aus getrocknetem Schlamm. „Die mach’ ich nachher selbst weg“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

(RP)
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