Mettmann Stadt braucht das Kö-Karree

Düsseldorf · Interview Bürgermeister Bodo Nowodworski zum Streit „Rotbuche und Einkaufzentrum“. Direkte Anbindung der Neubebauung an die Fußgängerzone sei unverzichtbar. Die Insellage von Hertie auflösen.

In Mettmann bahnt sich ein Bürgerbegehren und ein folgender Bürgerentscheid zum Thema „Rotbuche und/oder Kleines Kö-Karree an. Die Bürgerinitiative hat bereits zahlreiche Unterschriften für einen Bürgerentscheid gesammelt. Christoph Zacharias sprach mit Bürgermeister Bodo Nowodworski über Hintergründe und Konsequenzen.

Die Mettmanner Grünen hatten am Anfang Unterschriften für den Erhalt der Rotbuche gesammelt und waren mit ihrem Anspruch, die Buche zu erhalten an der Mehrheit im Planungsausschuss gescheitert. Dann gründete sich eine Bürgerinitiative. Wird damit nicht Kommunalpolitik durch die Hintertüre betrieben?

Nowodworski Der Planungsausschuss hat mit großer Mehrheit bei vier Gegenstimmen den Beschluss gefasst, das Kö-Karree zu bauen. Es war seinerzeit nicht zu erwarten, dass sich danach eine Bürgerinitiative bilden würde. Einen Bürgerentscheid und ein Bürgerbegehren sieht der Gesetzgeber aber ausdrücklich vor. Das ist ein Regulativ und völlig in Ordnung. Auch ich würde den Baum gerne erhalten. Aber: Das Bürgerbegehren reduziert sich auf die Feststellung: „Baum ab, nein danke”. Die Bürger sollten vor ihrer Entscheidung aber schon genau wissen, worum es geht, wofür man sich entscheidet, und auf was man dann verzichtet.

Haben die Mehrheit im Rat und die Verwaltung es nicht verstanden, die Bürger im Vorfeld von der Notwendigkeit eines Kö-Karrees zu überzeugen?

Nowodworski Die Diskussion um das Kö-Karree gibt es seit vielen Jahren. Es hat immer wieder Informationen dazu gegeben. Es war aber nicht erkennbar, dass solche Widerstände entstehen würden. Da besteht sicher noch einiger Aufklärungsbedarf.

Sind Politik und Verwaltung nicht nahe genug am Bürger? Es wird oft von denen da oben gesprochen.

Nowodworski Zunächst muss man feststellen, dass in einer Demokratie das Volk von gewählten Vertreten repräsentiert wird. Dass es dabei Entscheidungen gibt, die nicht von allen akzeptiert werden, ist völlig normal. In der Frage Rotbuche und Kö-Karree ist es aber höchste Zeit, dass wir den Bürgern die Hintergründe besser erläutern. Dies werden wir in Infoveranstaltungen machen.

Wollen sich Bauverein und Stadt mit dem Bau eines Kö-Karrees ein Denkmal setzen oder ist der Bau eines Wohn-und Einkaufszentrums unverzichtbar an dieser Stelle?

Nowodworski Es geht schlicht und ergreifend um die Frage, ob wir es schaffen, an dieser exponierten Lage im Stadtgebiet ein Defizit an Verkaufsflächen, das zweifelsfrei besteht, zu beheben. Gutachter haben festgestellt, dass in Mettmann zentrenrelevante Warenangebote fehlen. Wir verfügen über eine hohe Kaufkraft und könnten 2000 bis 3000 Quadratmeter zusätzliche Verkaufsfläche gut gebrauchen. Mit dem Kö-Karree wird eine Lücke zwischen Hertie und der Fußgängerzone geschlossen. Die Insellage von Hertie wird aufgehoben und die Innenstadt mit einer attraktiven Einkaufsstraße angebunden. Wir dürfen auch nicht in Rückstand zu anderen Städten geraten. Die Sätze, schaut doch mal nach Ratingen oder Hilden, kennen wir nur zu gut. Es besteht hier die Möglichkeit, eine missliche Situation zu bereinigen. Die alte Schule ist kein Vorzeigebereich.

In der Öffentlichkeit hört man immer wieder den Satz „Wir haben schon genug Leerstände”. Gehen Sie davon aus, dass die künftigen Geschäfte auch einen Mieter finden?

Nowodworski Ja. Das Problem der Leerstände in Mettmann hat auch mit den teilweise zu hohen Mieten zu tun. Wir haben außerdem eine labile Angebotsstruktur, darüber hinaus reicht das Platzangebot oft nicht aus. Es fehlt attraktive Verkaufsfläche, um Konkurrenz zu ermöglichen. Die Leute wollen nicht nur in ein Geschäft gehen, sondern sie wollen Vergleichsmöglichkeiten. Es ist falsch, wenn man meint, sich Konkurrenz vom Hals schaffen zu müssen. Konkurrenz belebt das Geschäft. Es gibt schon Nachfragen von externen Anbietern beim MBV in einer Größenordnung von 500 Quadratmetern Verkaufsfläche.

Bauverein und Stadt wird vorgeworfen, eine Lösung mit Rotbuche nicht planen zu wollen. Stimmt das?

Nowodworski Die Frage kann nur lauten, kann das neue Kö-Karree funktionieren? Das bedeutet: Wer aus der Freiheitstraße kommt, und abbiegt, muss sofort sehen, dass man in eine attraktive, zum Bummeln einladende Einkaufsstraße kommt. Wollte man die Buche stehen lassen und dauerhaft erhalten, müsste man soviel Abstand lassen, dass nur die Hälfte des Straßenzuges bebaut werden kann. Das heißt: Der Anfang der Bebauung beginnt erst gegenüber dem Optikergeschäft. Das wäre aber zu weit oben und wieder nur eine halbe Sache, die attraktive Anbindung von Hertie wäre nicht sichergestellt.

Es gibt das Beispiel „Neanderthal-Passage” in Mettmann. Groß gestartet, aber letztendlich sind dort größere Leerstände zu verzeichnen. Kann das auch im kleinen Kö-Karree passieren?

Nowodworski Das kann man nicht vergleichen, da die Leerstände in der Neanderthal-Passage in der ersten Etage sind. Da funktioniert eine Gastronomie eben sehr schlecht. Ebenerdig in der Passage ist aber alles vermarktet.

Was passiert, wenn der Bürgerentscheid durchkommt und das bisherige Konzept abgelehnt wird?

Nowodworski Dann wäre der dritte Anlauf gescheitert, das Gelände zwischen Hertie und Fußgängerzone attraktiv zu gestalten. Es ist unsere letzte Chance, dass ein Investor dort mitzieht. Wir müssten uns dann über einen längeren Zeitraum mit der desolaten Situation abfinden.

(RP)
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