Langenfeld Auf der Hut, doch mit gutem Gefühl

Düsseldorf · Seit Jahresbeginn und noch bis Anfang 2007 arbeitet der Leiter der für Langenfeld und Monheim zuständigen Inspektion Süd in Kabul beratend und koordinierend am Aufbau des afghanischen Polizeiapparats mit. Beim Heimaturlaub unterhielt er sich mit der RP.

langenfeld/monheim/kabul Ungeduld führt in Kabul nicht zum Ziel. „Das Tempo der Afghanen ist ein anderes, als wir es gewohnt sind. Darauf müssen wir uns bei unserer beratenden Tätigkeit einstellen, sonst scheitern wir hier“, sagt Josef Völker (50). Seit Anfang Januar koordiniert der Polizeichef der für Langenfeld und Monheim zuständigen Inspektion Süd in Kabul an verantwortlicher Stelle den Aufbau des afghanischen Polizeiapparats. „Für solch einen Auslandseinsatz ist mindestens ein Jahr Verweildauer sinnvoll, sonst erreicht man nichts“, meinte der 50-Jährige gestern während eines kurzen Heimaturlaubs im Gespräch mit der RP.

Ob er sich im noch immer nicht befriedeten Afghanistan unsicher fühle? „Nein! Ich habe bis jetzt nicht ein einziges Mal das Gefühl gehabt, dort gefährdet zu sein“, versicherte Völker. Auch nicht nach Bekanntwerden der Bundeswehr-Affäre mit den schändlichen Totenschädel-Fotos? „Wir hatten zwar befürchtet, dass interessierte Kräfte die Stimmung gefährlich anheizen könnten, aber das afghanische Volk hat, Gott sei Dank, doch gelassen reagiert und die Einzeltaten richtig eingeordnet.“

Selbstmordattentate oder Anschläge seien zwar allgegenwärtig („Bei einer Explosion in der Nähe unserer Unterkunft schlug bei mir schon mal das Duschfenster auf“), doch stünden die deutschen und internationalen Polizisten in Afghanistan nicht im Fokus irgendwelcher extremistischen Attentäter. Der eigene Auftrag unterscheide sich schließlich von dem der Soldaten der NATO-geführten Schutztruppe. „Wir sind nur beratend tätig und wahren strikte Neutralität.“ Dennoch seien die ausländischen Polizisten auf der Hut, fahren nur in gepanzerten Autos und laufen nicht in Uniform durch die Gegend.

Die eingangs genannte Notwendigkeit, Geduld zu haben, hat Völker selber vor allem in der Zusammenarbeit mit jenem afghanischen Zwei-Sterne-General gemerkt, der von den internationalen Beratern für seine Rolle als oberster Ausbildungsleiter der afghanischen Polizei fit gemacht wird. „Die Vertrauensbildung zu ihm hat etwa acht Monate gedauert.“ Erst nach unzähligen Gesprächen hatte Völker den General von der Notwendigkeit überzeugt, im Sinne einer straffen Organisationsstruktur auch mal loszulassen und im Tagesgeschäft Aufgaben auf untergebene Mitarbeiter zu übertragen.

Schließlich gelte es, einen umfassenden Neuaufbau der afghanischen Polizei voranzubringen. „In den 23 Jahren des Kriegs ist eine komplette Generation ausgefallen“, betont Völker. Von einer geregelten Ausbildung der Ordnungshüter konnte in der Vergangenheit keine Rede sein. „Mit den richtigen Beziehungen bekamen Afghanen früher relativ schnell die Polizeiuniform.“ Mit vor allem von deutschen und norwegischen Fachleuten ausgewählten Referenten und Lehrinhalten werden an der Fortbildungsakademie in Kabul die Polizisten des gehobenen Diensts nun drei Jahre lang und die des mittleren Dienst über neun Monate hinweg geschult. „Viele bekommen zum ersten Mal Schießtraining oder lernen praktisch, wie ein Haus durchsucht werden muss.“

Zur Polizeireform gehöre auch eine Verringerung der Generäle von 230 auf 120 Stellen. „Ich habe an den Eignungstests und dem Auswahlverfahren mitgewirkt.“ Auch die Führungsebene darunter soll personell ausgedünnt, doch schlagkräftiger gemacht werden. Und dann gibt es noch eine Mammutaufgabe für die nächsten Jahre: Im einfachen Polizeidienst ist Völker zufolge jeder zweite Beschäftigte ein Analphabet. „Zumindest bei den Neueinstellungen wird jetzt auf Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben geachtet.“

(RP)
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