Hilden Den betagten Kunden im Blick

Düsseldorf · In Hilden leben rund 12 500 Menschen über 65 Jahre, Tendenz steigend. Hält der Handel Schritt mit ihren Bedürfnissen? Ein Selbstversuch auf der Mittelstraße – und der Test-Kauf eines 93-Jährigen im Cap-Markt.

Das Lächeln, mit dem die Hildener Zahnklinik wirbt, ist der Praxis-Besucherin vergangen. Ächzend versucht die gehbehinderte Patientin, mit der einen Hand die Tür aufzustemmen, um mit der anderen den Rollator hindurch zu schieben – vergebens. Eine Passantin eilt zu Hilfe. "Die Haustür ist einfach zu schwergängig", sagt die Seniorin fast entschuldigend.

Der Cap-Markt hingegen hat sich nicht nur mit einer Automatik-Tür auf die Bedürfnisse seiner überwiegend älteren Stammgäste eingestellt. Kein Wunder, dass Hugo Götsch und die anderen noch mobilen Bewohner des Seniorenzentrums "Stadt Hilden" den Supermarkt in der Erikasiedlung gern zum Ziel ihrer Spaziergänge machen. "Das ist ein schöner Weg", findet der 93-Jährige. Mal bringt er sich eine Flasche Wein mit, mal eine Tüte Sahnebonbons oder Blumen für den Friedhofsbesuch.

Niedrige Regale

Bis vor drei Jahren ist der betagte Witwer sogar noch mit dem Rad zum Einkaufen gefahren. Heute bietet Götsch sein Rollator eine Sitzgelegenheit, wenn er mal verschnaufen muss. Der passt bequem durch die breiten Gänge des Cap-Marktes. Auch die Regale sind hier nur etwa 1,60 Meter hoch. Der preiswerte Cognac steht allerdings etwas zu weit hinten. Doch eine aufmerksame Mitarbeiterin ist direkt greifbar. Jacqueline Kuhn hilft Hugo Götsch auch nach dem Bezahlen, die Einkäufe zu verstauen. Und wenn einer der betagten Kunden noch ein anderes Geschäft im Cap-Markt erledigen muss? "Kundentoiletten haben wir aus Platzgründen nicht", bedauert die Verkaufsgehilfin. Wenn es ganz dringend sei, könne der Bedürftige allerdings die Mitarbeiter-Toilette nutzen.

Eine öffentliche Toilette gibt es hingegen in der Innenstadt an der Kurt-Kappel-Straße. Und die zahlreichen Straßen- und Eiscafés bieten zusätzlich zu den "Örtchen" auch eine Gelegenheit zu verschnaufen. Denn Sitzgelegenheiten ohne Verzehr-Zwang findet der ältere Passant entlang der Mittelstraße selten. Da wird man eher in den Bank-Filialen fündig, wo häufig auch ein Wasserspender zum Inventar gehört. Den hält auch der dm-Drogeriemarkt bereit, der zusätzlich mit einer links auf den Einkaufswagen aufgesteckten Leselupe punktet – und das, obwohl auch Lesebrillen zum Sortiment gehören. Der Konkurrent wenige Häuser weiter bietet dafür übersichtliche Produkthinweise, die über den breiten Gängen hängen. Bei Douglas und Tchibo ist zwar im Laden selbst alles etwas beengter – hier könnten sich ein Rollstuhl und ein Kinderwagen durchaus in die Quere kommen –, aber immerhin ist eine Treppenhälfte mit einer Rampe ausgestattet.

Ebenerdig erreichbar

Die meisten Läden in der Fußgängerzone sind dagegen ebenerdig zu erreichen – wie auch die Bäckerei-Filiale, deren stabiler Einkaufshalter-Tresen von einer gehbehinderten Kundin genutzt wird, um sich schwer atmend abzustützen. Wer durch einen Rollator oder Rollstuhl in seiner Reichweite eingeschränkt ist, hat es im angrenzenden Supermarkt schwer – trotz übersichtlicher und großer Preisauszeichnungen an den Regalen. Denn die sind gefühlte 1,80 Meter hoch. Dafür findet sich am Hinterausgang ein Wertstoffsammler, der zum Verstauen der frisch erworbenen Einkäufe zweckentfremdet werden kann.

(RP)
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