Duisburg OB Sauerlands schwierige Zukunft

Duisburg · Nach der gescheiterten Abwahl wird Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland noch fünf Jahre an der Spitze seiner Stadt stehen. Ob im Rat, bei Investoren-Gesprächen oder auf Volksfesten: Der Schatten der Katastrophe vom 24. Juli wird ihn verfolgen.

Duisburg: Schicksalstag für OB Sauerland
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Adolf Sauerland kam Montag nicht durch die Hintertür und auch nicht durch den Vordereingang des Duisburger Rathauses. Telefonisch unterrichteten ihn Freunde darüber, dass er Oberbürgermeister von Duisburg bleibt und der Abwahlantrag scheiterte. Schriftlich ließ er am Spätnachmittag mitteilen: "Mir ist klar, dass wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. Das Loveparade-Unglück wird Duisburg auch in Zukunft beschäftigen."

Sauerland wird mit der Katastrophe konfrontiert — Tag für Tag. Gestern zum Beispiel, als mehr als die Hälfte des Duisburger Stadtrates ihn abwählen wollte und als sich vor dem Verwaltungshaus wieder pfeifende Demonstranten versammelten. Die Menge der Protestierenden war zwar sehr klein. Doch es wäre ein Trugschluss daraus abzuleiten, dass seine Kritiker verstummt sind. Die Pro-Sauerland-Demonstration, die es zeitgleich ebenfalls vor dem Rathaus gab, sind ebenso kein Indiz dafür, dass die Duisburger ihrem OB wieder so richtig verzeihen.

Das scheitert schon allein daran, dass die juristische Aufarbeitung der Katastrophe mit 21 Toten noch lange nicht zu einem Ergebnis geführt hat. Es gibt zwar Hinweise, dass eine Polizeisperre mitten auf der Zugangsrampe zum Festivalgelände sowie zwei zeitgleiche Sperren mitten im Tunnel wesentlich dazu beigetragen haben könnten, dass 21 Besucher zu Tode gequetscht wurden, als die drei Sperren wegen zu großen Drucks geöffnet werden mussten. Doch noch ermitteln die Staatsanwälte, noch hat kein Richter die juristisch Schuldigen ausgemacht.

Die ungeklärten Fragen sind es nur zum Teil, die Sauerland sein Amt so schwer machen. In wenigen Wochen beginnt in München die Immobilienausstellung Expo-Real. Dort will er mit möglichen Investoren in Kontakt kommen. Dass sie ihm wegen der Loveparade-Katastrophe aus dem Weg gehen, ist eher unwahrscheinlich. Der Investor beispielsweise, der auf dem Gelände der Loveparade eines der größten Möbelhäuser Deutschlands bauen will, hat seine Pläne nach dem 24. Juli nicht aufgegeben, aber auch nicht weiter vorangetrieben. Allerdings rang er auch schon vor dem Unglück mit der Stadtpolitik, die von dem Monster-Zentrum nur bedingt begeistert ist und eine Menge Änderungswünsche vorgebracht hat. In Sichtweite des Rathauses hat der Projektentwickler MultiDevelopment gerade damit begonnen, ein altes Einkaufszentrum zu erneuern. In Kürze will das gleiche Unternehmen in Bahnhofsnähe ein Bürohaus sowie am anderen Ende der City ein Zentrum für die Stadtbibliothek und die Volkshochschule bauen. Der Investor denkt nicht dran, die Pläne fallen zu lassen. Für ihn ist Duisburg wirtschaftlich nach wie vor sehr interessant.

Die Rückkehr in die Normalität werden dem Oberbürgermeister auch jene 41 der 74 Ratsmitglieder schwer bis unmöglich machen, die gestern für seine Abwahl stimmten. "Sauerland weg — Neuanfang" war auf roten Ansteckern geschrieben, die sich etliche SPD-Ratsmitglieder ans Revers geheftet hatten. Sie werden wohl auch künftig jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um den Oberbürgermeister ihre Geringschätzung spüren zu lassen. Jeden noch so kleinen Fehler werden sie ihm vorhalten — und immer wieder daran erinnern, dass er nach der Katastrophe durch sein Auftreten den ohnehin schon großen Schaden noch vergrößert habe.

Das war Montag aus den Reihen seiner politischen Gegner bei Verlassen des Ratssaales bereits zu hören. Und sie werden nicht müde werden, bis zur nächsten regulären OB-Wahl in fünf Jahren den Bürgern immer wieder den Eindruck zu vermitteln, dass sie und ihre Stadt von einem moralisch und politisch angreifbaren Christdemokraten repräsentiert werden. Auch dann, wenn die juristische Würdigung der Katastrophe ihn von jeder Schuld freisprechen sollte. Sie werden das Meinungs-Feuer stetig anfachen, sei es, wenn Sauerland den Weihnachtsmarkt eröffnet, wenn er Sportler ehrt oder den ersten Spatenstich zur Umsetzung einer Großinvestition vornimmt.

Ein Oberbürgermeister, der weiß, dass er nicht einfach zu Tagesordnung übergehen kann, ist Sauerland auf jeden Fall. Seine gestrige Stellungnahme zum Abwahlversuch war kurz, knapp, geschäftsmäßig, frei von jeder Sensibilität. Sie war untypisch für Duisburgs Stadtoberhaupt, zumindest für den OB, der vor dem 24. Juli meist genau den richtigen Ton fand.

(RP)
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