Avendt, Advent Viele Gaben für ein Festmahl

Düsseldorf · Beate Staude steht in der Schlange. Das gehört schon seit einiger Zeit zu ihrem wöchentlichen Rhythmus. Die Berger Kirche ist eine feste Anlaufstelle für die Hartz-IV-Empfängerin.

 „Als Hartz-IV-Empfängerin muss man sich zu helfen wissen“ - so das Motto von Beate Staude (rechts). Die Düsseldorferin holte sich gestern Zutaten für die Festtage bei der Essensausgabe in der Berger Kirche. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin Galina Brandt half beim Einpacken.

„Als Hartz-IV-Empfängerin muss man sich zu helfen wissen“ - so das Motto von Beate Staude (rechts). Die Düsseldorferin holte sich gestern Zutaten für die Festtage bei der Essensausgabe in der Berger Kirche. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin Galina Brandt half beim Einpacken.

Foto: Thomas Busskamp

"Ohne die Essensausgabe hier würden meine Tochter und ich nur schwer über die Runden kommen", erklärt die 52-Jährige. Gutes Brot, Obst und Gemüse — das sei ohne das Angebot von Diakonie und Tafel sonst nicht drin.

Auch für die weihnachtliche Festtagstafel gab es gestern an gewohnter Stelle frische Zutaten und besonders viele Leckereien. Rund 300 bedürftige Düsseldorfer hatten sich im Hinterhof der Altstadt-Kirche eingefunden, um für die Feiertage etwas Besonderes auf den Tisch stellen zu können. Zur Überbrückung der Wartezeit in der Kälte verteilten ehrenamtliche Helfer heiße Getränke und Plätzchen. "Das machen wir jedes Jahr zur Weihnachtszeit so", berichtete Barbara Dully, die als Sozialpädagogin die Tafel betreut und von rund 20 Helfern unterstützt wird.

"Zusätzlich bieten wir hier auch Sozialberatung an", sagte Dully. In einem kleinen Büro können sich Ratsuchende Tipps holen, beispielsweise wie sie ihre Kinder versorgen, wie sie Behörden gegenübertreten oder ihr Geld am besten einteilen können. "Wir erfahren von vielen Geschichten und versuchen zu helfen, so gut es geht."

Ihre Geschichte zu erzählen — damit hat Beate Staude kein Problem. "Ich finde es sogar sehr wichtig, dass die Öffentlichkeit erfährt, dass Hartz-IV-Empfänger nicht alle Faulenzer sind." Die Düsseldorferin ist durch Krankheit zum Sozialfall geworden. Zweimal bekam sie die Diagnose Krebs, zweimal hatte sie den Kampf dagegen aufgenommen und gewonnen. Ihre berufliche Existenz musste sie hingegen einbüßen. "Ich bin gelernte Einzelhandelskauffrau und war viele Jahre selbstständig", berichtete sie. "Ich hatte ein kleines Hotel in der Altstadt — aber das ist lange her", winkte sie ab und zog ihre mitgebrachten Tüten aus dem Einkaufstrolley. Staude war jetzt nämlich an der Reihe, und auf den Tischen im gelben Innenraum der Berger Kirche boten die Mitarbeiter der Tafel viel Frisches wie Wirsing, Kürbis, Kartoffeln oder Blumenkohl an. Aber auch eingelegten Fisch und Schafskäse, Brot und Brötchen sowie süße Leckereien. Sämtliche Lebensmittel sind Spenden aus Düsseldorfer Geschäften, Supermärkten und Bäckereien.

"Für meine Tochter und mich kann ich aus diesen Zutaten etwas Schönes zaubern", sagte Staub. Die beiden wohnen zusammen in Mörsenbroich. Die Mutter ist stolz auf ihr 18-jähriges Mädchen. "Sie hat Abitur und will am liebsten eine Schreinerlehre machen." Sollte das nicht klappen, komme auch ein Studium infrage. "Man muss flexibel sein. Auch wenn sie dann vielleicht in eine andere Stadt geht."

Fleisch gibt es bei der Essensausgabe übrigens nicht. Auch nicht zu Weihnachten. "Aber ich werde gegen Abend noch mal in ein, zwei Supermärkte gehen und schauen, ob ich noch etwas Preiswertes ergattere." Denn vor Ladenschluss werde Fleisch oft viel billiger verkauft. "Dann gibt es vielleicht doch noch Gans oder Pute zu Weihnachten. Man muss sich eben nur zu helfen wissen", sagt die Frau, die ihren zuversichtlichen Blick nicht verloren hat. Trotz Schlange stehen.

(RP)
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