Düsseldorf Henzes "Requiem" in der Tonhalle

Düsseldorf · Großer Aufwand, kleines Publikum: Nur knapp 100 Leute hörten das Werk.

Hans Werner Henzes "Requiem" ist großartige Musik, aber man wird sie nicht oft live erleben können. Das liegt zum einen daran, dass es einer großen Spezialistentruppe von Musikern nebst zweier exzellenter Solisten an Klavier und Trompete bedarf, um das 70-minütige Werk aufzuführen. Solche Ensembles für Neue Musik sind rar, es darf als Glücksfall gelten, dass das notabu.ensemble nun schon zum dritten Mal sich mit dem DoelenEnsemble zusammentut, um solch ein Großprojekt zu realisieren. Zum zweiten geht kaum jemand hin: Im Parkett der Tonhalle verloren sich 100 bis 120 Leute, als 35 Musiker sich auf der von viel Schlagwerk, Harfe, Celesta und Flügel möblierten Bühne vor Mark Andreas Schlingensiepen versammelten.

Gleichwohl standen am Ende der neun, nach den Themen der lateinischen Totenmesse betitelten Sätze die Zuhörer auf, applaudierten lange und begeistert. Ob der Leistung des Ensembles, der Solisten und ob der Qualität und emotionalisierenden Kraft der Komposition des 2012 verstorbenen großen deutschen Tonsetzers. Man hatte martialische Klänge gehört, großes, kompliziertes Getöse, das sich gegen die Kriege und Kriegstreiber dieser Welt wirft; man hatte lyrischen, selig innerlichen Engelsanrufungen gelauscht, todtraurigem Schluchzen inmitten hochkomplexer, meisterlich instrumentierter konzertierender Formen. Die Zwiegespräche zwischen Orchester und dem phantastischen Pianisten Marten van Veen; die am Ende schon fast pathetisch inszenierten Dialoge mit der von Bassam Mussad traumwandlerisch geblasenen Trompete - all das weist in die tief humanistischen Gefilde, die Henze sein Leben lang aufsuchte. Man hört Hitler salbadern, Zitate von Marschmusik und Anklänge von Bach und Renaissance. Golfkrieg und schmerzliche Verluste von guten Freunden bewegten Henze zum Schreiben der Sätze, die er 1993 zum Requiem zusammenfügte. Heute immer noch behauptet es Aktualität und Relevanz.

(RP)
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