Dinslaken Mit Volldampf über den Kanal

Dinslaken · Ex und hopp – das gibt’s nicht bei Josef Berger. Der 70-jährige Spellener ist Tüftler, der für jedes Teil eine neueVerwendung findet. Ein Sammelsurium an Geschenken und Entdeckungen hat er zu einem Dampfboot zusammengebaut.

voerde-spellen Der Schiffsrumpf ist ein Geschenk des Freundes. Die Kurbelwelle hat er selbst gemacht. Die Sitze sind mit Leder bezogen, das von der ausrangierten Couchgarnitur der Nachbarn stammt. Der Name des Bootes ist Programm: „Recycel“ hat Josef Berger sein Boot getauft. Es ist nicht irgendeins. Es ist ein Dampfboot. Kein Modell, sondern ein echtes. Und es ist bis zur letzten Schraube selbstgemacht. „Alles Eigenbau“, sagt der Spellener und streicht sanft über den Bootsrumpf.

Für alles eine neue Verwendung

Zu behaupten, Josef Berger hätte praktisches Talent, ist untertrieben. Der 70-jährige gelernte Kfz-Mechaniker ist ein Bastler, ein Tüftler. Einer, der für jedes Teil noch eine Verwendung findet – früher oder später. „Im Winter muss ich immer was zu tun haben“, sagt Berger. Wenn’s draußen kalt ist, arbeitet er in der Garage und im Keller an seinen Projekten. Einige Winter hat ihn die „Recycel“ gekostet: Seit 2003 baut er an dem Boot. Allein und ohne Plan. Aber durchdacht. „Kombinieren ist besser als konstruieren“, lautet sein Motto.

Alles schon mal benutzt

Ein anderer Grundsatz Josef Bergers heißt: Wiederverwerten statt wegwerfen. „Alles, was hier eingebaut ist, wurde schon mal benutzt“, sagt er mit Stolz in der Stimme. „Wenn ich ein Teil finde, überlege ich sofort: Was kann ich darauf machen?“

Sein Freund, der Klempner

Für den Tüftler Berger gibt es viel zu entdecken. „Ich habe einen Freund, der ist Klempner. Bei ihm stöbere ich öfters im Schrottkasten. Auch vom Auto kann man vieles gebrauchen.“ Aus den Schrottteilen hat Josef Berger ein prima Dampfboot gebaut. Die Jungfernfahrt auf dem Wesel-Datteln-Kanal hat es gut überstanden. „Ein paar Dinge müssen noch gemacht werden“, so Berger. Das Boot ist seetüchtig. Besonders gern verweist Josef Berger auf den Schlangenrohrkessel – eine Erfindung Otto Lilienthals, die der Spellener für seinen Dampfantrieb verwendet hat. Auch sonst verrät er handwerklich begabten Männern gern die Bau-Geheimnisse der „Recycel“ – und bringt sie zum Staunen.

Dass ein mit Dampf betriebenes Boot auf Fahrt geht, ist heutzutage eher ungewöhnlich. Die große Zeit der Dampfboote endete in den 1950er Jahren, sagt Josef Berger. Er hat sie noch erlebt. „Ich bin ein Schifferkind“, sagt er. Der Vater war Maschinist. „Und ich war immer mit an Bord, vor allem in den Ferien.“ Mit dem Dampfboot möchte er an alte Zeiten anknüpfen und sich einen Traum erfüllen: In Ostfriesland durch das weitverzweigte Kanalnetz schippern.

Der Dampfantrieb des Bootes – geheizt wird mit Holz oder Kohle – bereitet ihm besonderes Vergnügen: „Das Schöne ist: Man sieht, ob alles funktioniert.“ Außerdem hat die Dampfmaschine auch noch eine praktische Zusatzfunktion. „Hier ist unser Samowar“, deutet Josef Berger auf einen kleinen Hahn. Die Dampfmaschine produziert nicht nur jede Menge Dampf, sondern auch heißes Wasser. Wenn er mit einem Freund auf dem Wasser unterwegs ist, gibt’s frisch aus der Dampfmaschine immer auch einen leckeren Kaffee.

(RP)
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