Ultra-Marathon: „Man muss nur wollen“ Eigene Grenzen verschieben

Düsseldorf · Vom Nordkap bis nach Sizilien in sechs Tagen - für den Ultra-Marathonläufer Achim Heukemes ist keine Strecke zu lang.

Können Sie mich in zehn Minuten nochmal anrufen? Vor dem Interview würde ich nämlich gern noch ein wenig trinken, ich habe gerade ein bisschen trainiert", bittet Achim Heukemes. Mit "ein bisschen trainiert" meint der wohl beste Ultra-Marathonläufer Deutschlands die Kleinigkeit von 35 Kilometern. 35 Kilometer - eine Lauf-Distanz, die so manchem Hobby-Jogger schon unvorstellbar lang erscheint. Für Achim Heukemes, der unter anderem vor drei Jahren in 55 Tagen die 5735 Kilometer vom Nordkap bis nach Sizilien und 2001 in sechs Tagen, 21 Stunden und 15 Minuten die 1154,9 Kilometer vom Nordseestrand bis auf die Zugspitze quer durch Deutschland gerannt ist, sind die paar Schritte jedoch nicht der Rede wert.

Der gebürtige Wuppertaler will mit seinem Sport, mit seinen immer neuen Rekorden unter anderem auch beweisen: Jeder kann die Grenzen seiner Leistungfähigkeit immer weiter verschieben. Und das gelte nicht nur in den extremen Bereichen, in denen er sich bewege, sondern auch im ganz normalen Leben, meint der Langstreckenläufer. Fast alles sei zu schaffen. Man müsse es nur tatsächlich wollen.

"Wenn Du was machst, wenn Du trainierst, dann kann was aus Dir werden." Dieser Satz, den ein befreundeter Marathonläufer zu Achim Heukemes sagte, nachdem er Silvester 1984 aus Spaß und ohne jedes Training bei einem 10-Kilometer-Lauf in München gestartet war, stachelte seinen Ehrgeiz an. Aus dem Fernfahrer und Motorrad-Freak wurde der Dauerläufer Heukemes. Neun Monate nach dem Silvesterlauf schaffte er seinen ersten Marathon in 3:03 Stunden. Bald lief er die 42 Kilometer in 2:30 Stunden. Richtig geschafft war Achim Heukemes, dessen Ruhepuls bei 38 Schlägen pro Minute liegt, im Ziel aber nie. 100-Kilometer- und 24-Stunden-Läufe sollten ihn an seine Grenzen führen. Italien (1770 Kilometer) durchlief der gebürtige Wuppertaler 1998 in nicht mal 17 Tagen. In weniger als 47 Stunden rannte er 1999 rund um Mallorca (357,3 Kilometer). Vor drei Jahren machte der 1,76 Meter große Athlet seine Leidenschaft "Extremsport" zum Beruf.

"Never give up (gib niemals auf)", der Slogan, der einem auf seiner Internetseite entgegenblinkt, ist einer der Grundsätze, die dem früheren Fernfahrer helfen, seine hochgesteckten Ziele zu erreichen. "Auf geht's, auf ein Neues" - auch das musste sich Achim Heukemes schon oft sagen, wenn es einmal nicht mit dem nächsten Rekord geklappt hatte. 2003 ist zum Beispiel ein Jahr, in dem wahrlich nicht alles nach Plan lief bei dem Extremsportler. Eine schwere Lungenentzündung warf ihn schon im Frühjahr in seinen Planungen zurück. Sein großes Ziel für dieses Jahr, als erster Mensch die 1000 Meilen in weniger als zehn Tagen zu laufen, konnte Achim Heukemes vergessen. Schon im Jahr zuvor war er in Hamburg bei dem Versuch gescheitert, den alten Rekord des Griechen Yiannis Kouros zu brechen (zehn Tage, zehn Stunden, 30 Minuten und 36 Sekunden). In der Hansestadt erreichte Heukemes die 1000-Meilen-Markierung "erst" nach elf Tagen, 18 Stunden, 30 Minuten und 54 Sekunden - immerhin die zweitbeste Zeit, die je ein Mensch auf dieser Distanz erzielt hat. Aber: "Never give up". Der dann 53-Jährige will 2004 erneut einen Rekordversuch über die 1000 Meilen wagen.

Bei allem Ehrgeiz ist dem Extremsportler dennoch bewusst, dass das Alter auch ihm Grenzen der Leistungsfähigkeit setzt beziehungsweise setzen wird. Künftig will er sich deshalb "nur noch" auf ein großes Ziel in jedem Jahr konzentrieren und sich weitere berufliche Standbeine aufbauen. Rechtzeitig zur Buchmesse hat er zusammen mit dem Psychotherapeuten und Läufer Ulfilas Meyer das Buch "Born to run - Zum Laufen geboren" beim RoRoRo-Verlag herausgebracht (ISBN3-499-61543-6, Preis: 12 Euro). Zudem engagiert Achim Heukemes sich für die Fanconi-Anämie-Hilfe. Und sein Wissen, wie jedermann seine eigenen Grenzen verschieben kann, will der gebürtige Wuppertaler künftig in Laufgruppen weitergeben: Auf geht's!

VON DIETER DORMANN

(RPO)
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