900 000 Liter Benzin verbrannt

Nach einer Explosion beim Betanken eines Schiffs musste der Dortmund-Ems-Kanal gesperrt werden. Erst nach zehn Stunden hatte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle. Ein Mann wurde verletzt. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln.

Lingen Es ist 22.55 Uhr, als bei der Feuerwehr in Lingen ein Alarmruf eingeht: "Im Hafen brennt ein Tankschiff." Wenige Minuten später sind die ersten Löschfahrzeuge am Anlegebecken des Dortmund-Ems-Kanal. Die Betriebsfeuerwehr der BP-Raffinerie ist bereits mit allen verfügbaren Kräften vor Ort. "Als ich am Einsatzort ankam, brannte das Schiff schon in voller Ausdehnung", berichtet Günter Reppien (59), Stadtbrandmeister von Lingen. "Kurz darauf kam es zu mehreren Verpuffungen, durch die das Oberteil des Schiffes abgerissen wurde."

Bei dem Schiff handelt es sich um die "Alpsray". Der Tanker hat 900 0000 Liter Superbenzin an Bord. Sein Besitzer hat das Tankschiff nach seinem bei Rheinberg gelegenen Heimatort benannt. Die fünfköpfige Mannschaft war im Auftrag der Duisburger Reederei Jaegers unterwegs. Die Männer können sich in Sicherheit bringen. Einer wird leicht verletzt. Das Unternehmen will wegen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen keine Stellungnahme abgeben.

Besonders aufgrund der großen Hitze seien die Löscharbeiten extrem schwierig gewesen, berichtete Feuerwehrmann Reppien. Insgesamt 250 Kollegen versuchen, mit Wasser und Schaum zu verhindern, dass die Flammen auf zwei unmittelbar nebenan liegende Tankschiffe übergreifen. Das gelingt auch. Aber die Flüssigkeit, die auf den Brandherd gespritzt wird, bewirkt, dass das Schiff nach und nach bis auf den Grund des Hafenbeckens absackt und ein großer Teil des Benzins ausläuft. "Schließlich standen das Hafenbecken und der Kanal auf einer Breite von 300 Metern komplett in Flammen", sagt Reppien. Wegen der starken Rußentwicklung werden Anwohner aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Nach Behördenangaben seien jedoch keine bedenklichen Schadstoffwerte gemessen worden.

Eine Nacht lang dauert der Kampf der Feuerwehrleute gegen das Flammenmeer. Selbst als der Morgen graut, ist die Gefahr noch nicht beseitigt. Der aus dem Wasser ragende Teil des Schiffes muss von der Feuerwehr mit Wasser gekühlt werden. Trotzdem kommt es immer wieder durch die große Hitze zu Rückzündungen. Erst um 8.10 Uhr ist der letzte Brandherd gelöscht.

Doch für die Einsatzkräfte ist die Arbeit damit noch nicht erledigt. Während der Löscharbeiten sind 230 000 Liter Schaum verspritzt worden, der nun einen halben Meter hoch die Wasseroberfläche bedeckt. Zwar haben Ölsperren und das Einstellen des Schleusenverkehrs verhindert, dass Schaum und Benzin sich weiter im Kanal ausbreiten, doch muss das gesundheitsschädliche Schaum-Benzin-Wasser-Gemisch nun mit Hilfe von Spezialfahrzeugen abgepumpt werden. Deshalb bleiben auch einige Uferstraßen weiterhin gesperrt. Der Kanal soll erst heute im Laufe des Vormittags wieder für die Schifffahrt freigegeben werden.

Zur Unglücksursache können die Ermittler der Polizei bislang nur wenige Angaben machen. Bislang, so ein Sprecher der Polizei Grafschaft Bentheim, stehe lediglich fest, dass das Unglück beim Betanken des Schiffes geschehen sei. Als Unglücksursachen komme menschliches Versagen und / oder ein technischer Defekt in Frage. Lediglich für Brandstiftung gebe es bislang keinerlei Hinweise.

Holger Giest, Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamts Meppen, bezeichnet den Unfall als "einmaligen Fall". Transporte auf Wasserstraßen seien im Vergleich zur Bahn oder zur Straße wesentlich sicherer.

Trotzdem erinnern etliche Besucher von Internetblogs an das Kentern des Säuretankers "Waldhof" an der Loreley. Das Wrack liegt derzeit in Duisburg auf dem Trockendock. Laut Staatsanwaltschaft Koblenz arbeite ein Gutachter derzeit an einer Expertise über die Unglücksursache.

Verblüffend sind die Parallelen zum Untergang der "Avanti" auf dem Rhein bei Dormagen. Bei der Explosion des Tankschiffs starben vor zwölf Jahren zwei Menschen, zehn wurden verletzt. Auch dieser Unfall geschah beim Betanken mit Leichtbenzin. Als Unglücksursache wurde ein technischer Defekt ermittelt.

(RP)
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