Airbus-Absturz in Brasilien Wie gefährlich sind Gewitter beim Fliegen?

Düsseldorf · Kurz vor dem Absturz flog der Airbus vor der Küste Brasiliens durch eine Gewitterzone. Auch wenn die Unglücksursache bislang noch nicht feststeht, ein Grund, einmal die wichtigsten Fragen zum Thema Fliegen und Gewitter zu beantworten.

 Starke Wolkenbildung, wie sie tpyisch für die Innertropische Konvergenzzone ist: Die Wettersituation über den Fernando de Noronha-Inseln zur Zeit des mutmaßlichen Absturzes des Airbusses.

Starke Wolkenbildung, wie sie tpyisch für die Innertropische Konvergenzzone ist: Die Wettersituation über den Fernando de Noronha-Inseln zur Zeit des mutmaßlichen Absturzes des Airbusses.

Foto: Meteomedia, AP

Ein Blitz habe den Airbus A 330-200 auf dem Weg von Brasilien nach Paris getroffen, war die erste Vermutung zur Unglücksursache, die von der Pilotenvereinigung "Cockpit" aber schnell verworfen wurde. Sicher ist: Die Maschine durchquerte auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris eine "Gewitterzone mit schweren Turbulenzen". Knapp eine Viertelstunde später wurden automatische Fehlermeldungen versandt. Danach brach der Funkkontakt ab.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Fliegen und Gewitter:

Gewitter sind wegen der auftretenden starken Turbulenzen innerhalb der Gewitterwolke und der Gefahr des Auftretens elektrischer Entladungen (Blitze) gefährlich. Gewitterwolken sind auch in großem Abstand zu umfliegen, da Hagelschlag Luftfahrzeuge beschädigen kann, selbst außerhalb von Gewitterwolken, meldet das Luftfahrtbundesamt.

Die Innertropische- oder Intertropische Konvergenzzone (ITC für Inter Tropic Convergence oder ITCZ für Inter-Tropical Convergence Zone) ist eine wenige hundert Kilometer breite Tiefdruckrinne in Äquatornähe. Hier steigt heiße Luft nach oben, in das Vakuum strömt kühlere Luft aus dem Norden. Der große Temperaturunterschied und die hohe Luftfeuchtigkeit verursachen starke Wolkenbildung, heftige Schauer und starke Gewitter. "Es wirken deutliche größere vertikale Kräfe als in Europa. Sie können aus Flugzeugen, die durch eine Gewitterzone fliegen, Kleinholz machen", sagt Flugwetterberater Berthold Lescher vom Deutschen Wetterdienst. Auch die Route des Unglücksfliegers führte durch diese Zone.

Vor dem Auftreten von Gewittern wird durch die Wetterdienste gewarnt. Die Wetterlagen, die zu Gewittern führen, sind bekannt. Es gibt gut sichtbare Gewitterwolken aber auch in Schichtbewölkung eingebettete Gewitterwolken, die dann nur durch das Wetterradar zu erkennen sind. Aber selbst auf dem Wetterradar kann man nicht unbedingt alles sehen, da das Radar den Niederschlag reflektiert. Niederschlag in Form von Wassertröpfchen wird gut reflektiert, Eis hingegen nicht so gut, so dass Hagel vom Wetterradar "übersehen" werden kann.

Gewitter werden im Allgemeinen nicht durchflogen, da die Gefahren zu groß sind. Sollte es aber keine andere Möglichkeit geben, werden die Anschnallzeichen angeschaltet, lose Gegenstände verstaut und die Piloten sollten gegen die Blendung durch Blitze Sonnenbrillen tragen, da eine Blendung durch Blitz mehrere Minuten die Sehfähigkeit beeinträchtigen kann. Die Geschwindigkeit wird erheblich reduziert, damit das Flugzeug nicht zusätzlich durch die hohe Geschwindigkeit in Kombination mit Turbulenzen überbelastet wird.

Ja, im Flugsimulator. Außerdem wird die Theorie von Gewittern ausführlich vermittelt und in den Handbüchern der Luftfahrtunternehmen auf die Verhaltensweisen hingewiesen.

Wer im Auto sitzt, ist bei einem Gewitter vor Blitzeinschlägen sicher, da es aus Metall ist. Die Energie wird über die Außenhaut abgeleitet. Das unter dem Begriff Faradayscher Käfig bekannte Phänomen hat wohl jeder schon mal im Physikunterricht kennen gelernt. Ein Flugzeug ist ebenfalls aus Metall -vor allem Aluminium - konstruiert. Der Metallrumpf schützt das Flugzeug daher prinzipiell vor Blitzeinschlägen. Doch durch Öffnungen wie Fenster kann ein Blitz ins Innere des Flugzeugs gelangen und Flugsysteme beschädigen.

Meistens hört man das ganz gut, es gibt einen dumpfen Schlag gegen den Rumpf. Es gibt aber auch Fälle, in denen erst nach der Landung festgestellt wird, dass ein Blitz eingeschlagen ist. Man sieht die Ein- und Austrittsstelle des Blitzes am Rumpf. Auf einen Blitzschlag hin wird immer eine ausführliche Kontrolle durch die Technik durchgeführt. Passagiere bemerken oft ein kurzes Flackern des Kabinenlichts, berichtet das Flugsicherheitsportal aerosecure.

Laut Statistik wird jeder Verkehrsflieger im Schnitt mindestens einmal pro Jahr vom Blitz getroffen. Meist ohne Folgen. Flugzeugabstürze durch Blitzeinschläge sind äußerst selten und unwahrscheinlich. Ein Blitz kann aber Systeme (Autopilot, Funk oder Cockpitanzeigen) so beschädigen, dass keinerlei Informationen mehr zur Verfügung stehen und somit ein Weiterflug unmöglich ist. Der Einflug in eine Gewitterwolke mit Ihrer unter Umständen sehr starken Turbulenz kann in ungünstigen Fällen die Struktur eines Luftfahrzeuges überbeanspruchen. getroffen, kann es gefährlich werden. Allerdings gibt es bislang nur einen dokumentierten Absturz bei Verkehrsfliegern, der eindeutig auf einen Blitzeinschlag zurückzuführen ist. 1963 verursachte ein Blitz bei einer Boeing 707 über den USA die Explosion eines Treibstofftanks. 81 Menschen starben bei dem Absturz.

Beschädigt ein Blitz Teile der Flugsteuerung, sorgen Notfallsysteme dafür, dass die Maschine in der Luft bleibt. Auch Geschwindigkeits- und Höhenmesser sind wie viele andere Systeme mehrfach vorhanden. Besonders riskant sind Blitzeinschläge bei Start und Landung. Dann spielt die Erfahrung der Piloten aerosecure zufolge eine wichtige Rolle. Sie müssen schnell entscheiden und auch mal den Anflug abbrechen, selbst wenn dies Kosten verursacht.

Im Airbus A330 gibt es dafür ein Notsystem unter der rechten Tragfläche. Es heißt "Ram Air Turbine" (RAT). Es ähnelt einer Turbine, die durch den Fahrtwind in Bewegung gesetzt wird und Energie erzeugt.

Quellen: Luftfahrtbundesamt (LBA), Flugsicherheitsportal aerosecure.de

(RPO)
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