Gästeansturm an Weihnachten Auf Herbergssuche in Bethlehem

Bethlehem (RPO). Fast zwei Millionen Pilger kamen 2009 nach Bethlehem. Die meisten blieben aus Angst um ihre Sicherheit nur ein paar Stunden. Weihnachten ist die Ausnahme: Dann ist auch in Luxushotels wie dem Jacir Palace kein Bett mehr frei.

Jacir Palace - Luxusherberge in Bethlehem
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Jacir Palace - Luxusherberge in Bethlehem

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Durch schwere Vorhänge fällt die Sonne auf ein mit orientalischen Kissen bedecktes Doppelbett. Der Blick durchs Fenster zeigt eine weitläufige Schwimmanlage unter Palmen und Brücken.

Im Badezimmer ein Whirlpool, weiße Polsterstühle um einen gläsernen Esstisch; mit schwerem Stoff bespannte Sessel im Wohnzimmer: Die Präsidenten-Suite im InterContinental Jacir Palace ist die nobelste Unterkunft, die Bethlehem zu bieten hat.

Den Preis für eine Übernachtung in der Prominenten-Suite will Nuha Abu Saada nicht verraten. Aber, versichert die Mitarbeiterin des Fünf-Sterne-Hotels, es gebe auch erschwingliche Zimmer für Pilgergruppen. Der Preis sei Verhandlungssache - und mit Sicherheit niedriger als in einem Hotel desselben Standards auf der anderen Seite des israelischen Sperrwalls.

Denn das schmucke Hotel in dem alten arabischen Palast hat dasselbe Problem wie alle Gästehäuser Bethlehems: Nur wenige Touristen bleiben über Nacht in der Geburtsstadt Jesu.

"Wir haben 2009 mit fast zwei Millionen Besuchern ein absolutes Rekordjahr", stellt die palästinensische Tourismusministerin Chulud Daibes fest - "aber die meisten Pilger kommen nur für wenige Stunden".

Der Grund sei einfach: "Die Leute fürchten in den Palästinensergebieten um ihre Sicherheit." Die völlig unbegründete Angst werde auf israelischer Seite vielfach geschürt. Hinzu kämen die unberechenbaren Wartezeiten am Checkpoint. Kurz, die Bethlehemer Hotels stehen vielfach leer. Außer an Weihnachten.

Nicht nur das Jacir Palace ist über die Feiertage ausgebucht - auch im Bustan Qaraqa ("Schildkröten-Garten") gibt es kein freies Bett mehr. "An Weihnachten kannst Du in Bethlehem nirgends einfach so anklopfen; da ist alles dicht", erklärt Moonbeam. Die rundliche Amerikanerin mit dem Nasenring betreibt mit ein paar Mitstreitern eine Alternativ-Herberge.

Ihr Öko-Projekt in einem Tal unweit der biblischen Hirtenfelder hat einen Schlafsaal für idealistische Gäste. Umgerechnet 20 Euro kostet die Übernachtung mit Vollpension im Hippi-Ambiente, für Helfer etwas weniger.

Hängematte in der Grotte

Auf einem der acht Betten schnurrt eine Katze. Das Kompost-WC draußen lädt mit politischer Literatur an der Wand zum Philosophieren ein. In der Küche schwimmen Zitronenschalen im Spülwasser: das wird hinterher noch zum Gießen verwendet. Wer es noch einfacher mag, der kann auch in einer der Grotten draußen in der Hängematte schlafen - und dort einen ungefähren Eindruck davon gewinnen, in welcher Umgebung Maria damals den kleinen Jesus geboren hat.

Denn der biblische Stall war in einer Höhle; das gilt mittlerweile als verbürgt. Bis heute halten palästinensische Hirten in der Umgebung ihre Tiere nachts in Grotten. Fast sicher ist nach Auskunft des renommierten irischen Bibelwissenschaftlers Jerome Murphy O'Connor in Jerusalem, dass die seit frühchristlicher Zeit verehrte Grotte unter der Geburtsbasilika die richtige Höhle ist: "Die Lage passt, und es wurden dort Spuren von Tierhaltung aus jener Zeit gefunden."

Dass allerdings Josef mit seiner schwangeren Frau auf Herbergssuche durch Bethlehem irrte und überall abgewiesen wurde, wie man es sich in Europa gerne vorstellt, ist nach Ansicht des Dominikaners ausgeschlossen. Das mit "Herberge" übersetzte griechische Wort "kataluma" bedeute eigentlich schlicht "großer Raum". Maria und Josef hätten also im Haus der Großfamilie in Bethlehem gewohnt, und dort sei eben der einzige Wohnraum voll gewesen.

Die Gebärende sei darum mit ihren Helferinnen - "Geburt war reine Frauensache" - in den Stall ausgewichen. Dort habe sie nicht nur Ruhe und Intimsphäre gehabt. In den Höhlen sei es im Winter zudem relativ warm und zugfrei; deshalb würden sie bis heute vielfach auch als Wohnungen genutzt. Pater Jerome ist überzeugt: "Für damalige Verhältnisse war der Stall für ein Neugeborenes gar nicht der allerschlechteste Ort."

(KNA/mais)
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