Sprechstunde Heribert Brück Plötzlicher Kollaps in der Warteschlange

Wenn das Blut in die Beine sackt: Häufig ist eine Bewusstlosigkeit harmlos, sagt der Kardiologe.

Unser Leserin Brigitte A. (66) aus Niederkrüchten fragt: "Im Theater habe ich schon öfters ein flaues Gefühl verspürt, es ist aber sonst nichts passiert. Doch neulich stand ich in einer langen Warteschlange, es wurde mir wieder flau, und dann bin ich sogar bewusstlos geworden. Jetzt habe ich Angst, dass etwas Schlimmes dahinter steckt – aber auch, dass mir das im Theater passiert, das wäre mir noch peinlicher, als in der Warteschlange umzufallen."

Heribert brück Sie schildern zwei Ereignisse, die tatsächlich die gleiche Ursache haben können. Und diese Ursache ist, um es schon einmal vorweg zu nehmen, häufig ungefährlich. Da jedoch auch ernste Erkrankungen zu einer plötzlichen Bewusstlosigkeit führen können, die wir Ärzte Synkope nennen, sollten Sie Ihrem Arzt die Beschwerden schildern. Vorstufen der Bewusstlosigkeit sind häufig, wie Sie es auch beschrieben haben, ein flaues Gefühl, Schweißausbrüche, Zittern, Herzrasen oder auch ein Kollaps. Die Ursache ist in der Regel eine Kreislaufregulationsstörung. Durch zu langes Stehen (etwa in einer Warteschlange oder als Wachsoldat vor einem Palast), kann es zu einem Absacken des Blutes in die Beine kommen, der Kopf wird zeitweise geringer durchblutet. Unterstützt wird diese Reaktion durch emotionale Reize wie Angst, Anspannung und Stress, aber auch durch Kältereize oder Schmerzen. Der Körper erhöht dann zum Ausgleich zunächst die Pulsfrequenz, oder er bringt den Menschen in die Horizontale. Es ist für unseren Körper durchaus eine sinnvolle Reaktion. Flüssigkeitsmangel, sei es, weil man zu wenig getrunken hat, oder weil es heiß ist und man schwitzt, kann ebenfalls zu einem Kollaps oder gar zu einer Synkope führen. Ebenso wie Alkoholgenuss, da auch Alkohol die Gefäße zunächst weitstellt. Ein weiterer Auslöser können rasche Lagewechsel sein; beim schnellen Aufrichten müssen sich die Gefäße in den Beinen rasch verengen, können sie das nicht, weil sie nicht trainiert sind oder weil Medikamente dies verhindern, kann es zu einem plötzlichen Blutdruckabfall kommen. Aus der Schilderung der Ursachen lassen sich auch die möglichen Behandlungen ableiten. Wichtig ist ein Gefäßtraining etwa durch Wechselduschen. Durch bestimmte gymnastische Übungen kann man bewusst die sogenannte Muskelpumpe der Beingefäße trainieren, die ein Absacken des Blutes verhindert. Außerdem ist solchen Menschen zu raten, auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Salzzufuhr zu achten. Während es sich bei jungen gesunden Menschen häufig um die harmlose Variante der Synkope handelt, muss bei älteren Patienten oder auch wenn die Bewusstlosigkeit bei einer körperlichen Belastung oder ohne jegliche Vorboten auftritt, genau abgeklärt werden, ob eine Herzerkrankung oder Herzrhythmusstörungen dafür verantwortlich sind. In diesem Fall wird der Kardiologe eine Ultraschalluntersuchung des Herzens machen und dann auch ein Langzeit-EKG und ein Belastungs-EKG. Ich hoffe, dass Sie mit diesen Tipps ein erneutes Auftreten verhindern und Ihre Theaterbesuche wieder ohne Angst genießen können.

Heribert Brück ist niedergelassener Kardiologe in Erkelenz.

(RP)
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