Welche Narkose, welcher Arzt, welches Hospital? Operationen - So bereiten Sie sich richtig vor

Köln · Ob Zahn-OP, Gelenkersatz oder Krebs-Eingriff – über 15 Millionen Operationen finden jährlich allein in deutschen Kliniken statt. Was für die Ärzte oft Routine ist, löst bei Patienten Verunsicherung aus. Wir erklären, wie Sie sich am besten auf den Eingriff vorbereiten.

 Lässt sich die Operation planen,bleibt genug Zeit, um sich gezielt darauf vorzubereiten — mitunter sogar per Fitnessprogramm.

Lässt sich die Operation planen,bleibt genug Zeit, um sich gezielt darauf vorzubereiten — mitunter sogar per Fitnessprogramm.

Foto: Shutterstock/Pablo Hidalgo - Fotos593

Ob Zahn-OP, Gelenkersatz oder Krebs-Eingriff — über 15 Millionen Operationen finden jährlich allein in deutschen Kliniken statt. Was für die Ärzte oft Routine ist, löst bei Patienten Verunsicherung aus. Wir erklären, wie Sie sich am besten auf den Eingriff vorbereiten.

"Sie müssen operiert werden." Es ist nur ein Satz, der ein Leben auf den Kopf stellen kann und bei vielen eine tiefe Unsicherheit auslöst. Damit wird es schwer, das nebulös drohende Szenario zu durchdringen. Was kommt auf mich zu? Was wird eine Narkose mit mir machen? Werde ich wieder wach? Wie schwer werden die Schmerzen sein, die ich nachher habe?

Das sind Fragen, die vielen blitzartig durch den Kopf schießen. Wir haben mit verschiedenen Experten gesprochen und uns erklären lassen, wie man sich am besten auf eine Operation vorbereitet, was man gegen seine Ängste tun kann und wie man den Heilungsprozess positiv beeinflusst.

Was mache ich, wenn ich erfahre, dass ich operiert werden muss?

Für einen Kniespezialisten sind Eingriffe am Knie tägliche Routine. Für den Betroffenen hingegen unendlich weit von Alltäglichkeit entfernt. Um selbst durchdringen zu können, was die Operation notwendig macht und was dabei genau geschehen soll, ist es wichtig, alles in Erfahrung zu bringen, was einem selbst hilft, eine eigene Entscheidung zu treffen. Meist ist der Zeitpunkt unmittelbar nach der Mitteilung, dass ein Eingriff nötig ist, nicht der beste, um über Details zu sprechen. Lassen Sie die Nachricht erst einmal sacken und vereinbaren Sie einen weiteren Termin, an dem Sie in Ruhe alle Informationen einholen, die Sie brauchen. Es kann hilfreich sein, die eigenen Fragen vorher schriftlich zu notieren, damit man nichts vergisst und einen vertrauten Menschen als Begleitung mitzubringen. Das gibt Halt und stellt sicher, dass wichtige Informationen nicht in der allgemeinen Aufregung untergehen.

Was muss ich den behandelnden Arzt vor einer Operation fragen?

Zunächst ist der Sie behandelnde Mediziner Ihr Ansprechpartner. Ihn sollten Sie fragen, warum die Operation aus seiner Sicht notwendig ist und was sie an Ihrem Zustand verändert. Ein Facharzt sollte Ihnen qualifiziert über Heilungschancen und —aussichten Auskunft geben können und auch darüber, welche Alternativen es zu einem solchen Eingriff gibt und wie er im Vergleich dazu abschneidet. Ebenso darüber, wie lange voraussichtlich eine Operation dauern wird und wie der Genesungsprozess gestaltet sein wird. Ist eine Rehabilitationsmaßnahme notwendig?

Wann kann ich eine Zweitmeinung einholen?

Jeder Versicherte in Deutschland hat das Recht, sich bei Zweifeln an der vorgeschlagenen Therapie eine weitere ärztliche Meinung einzuholen. Die Kosten hierfür werden nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen (BAGP) von den Krankenkassen übernommen.

Sinnvoll ist eine Zweitmeinung besonders bei schweren Krankheiten und bei langfristig geplanten Operationen, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, unnötig unters Messer zu kommen. Denn durch Fallpauschalen und gewinnbringende Operationsverfahren, wird nach Ansicht vieler Expertengremien wie zum Beispiel der Bundesärztekammer oder des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung zu häufig ohne Not operiert. Besonders kritisch hinterfragen sollte man Hüft- und Gelenkoperationen, Herzkatheter-Untersuchungen oder Leistenbrüche und laut eines aktuellen AOK-Berichts Eingriffe an der Wirbelsäule.

Wie finde ich das richtige Krankenhaus?

Seit dem Jahr 2005 sind Krankenhäuser gesetzlich verpflichtet, Qualitätsberichte zu veröffentlichen. "Diese aber sind wenig hilfreich", sagt Prof. Bernd Böttiger, Chef für Anästhesiologie und Intensivmedizin an der Kölner Uniklinik. Besser sei der Rat von Menschen, auf die man sich verlassen kann. Ebenfalls die Entscheidung erleichtern können Statistiken, die man in den Kliniken abfragen kann. Wie oft wird dort der Eingriff vorgenommen, der bei einem selber nötig ist? "Besser sind Kliniken, die darin mehr Routine haben", sagt der Mediziner.

Was sollte ich vor dem Erstgespräch mit dem Operateur tun?

Eine Operation bedeutet immer auch eine körperliche und psychische Belastung. Darum ist es sinnvoll, sich darauf entsprechend vorzubereiten. "Bei planbaren Operationen sollte man die Zeit nutzen, vorab beim Hausarzt einen Check machen zu lassen", sagt Prof. Böttiger. Der kann feststellen, ob man grundsätzlich in gesundheitlich guter Verfassung ist. Chronisch Kranken rät der Mediziner, vor jeder nicht plötzlich notwendigen OP beim Facharzt prüfen zu lassen, ob man medikamentös gut eingestellt ist. Besonders wichtig ist das bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Was ist beim Vorgespräch vor der Operation wichtig?

Vor jedem planbaren Eingriff findet ein Vorgespräch mit dem Chirurgen so wie auch mit dem Anästhesisten statt, der für die Narkose und auch Schmerzbehandlung im Nachgang zuständig ist. Bereiten Sie sich auf diese Gespräche wenn möglich gut vor, damit Sie dort noch offene Fragen klären können. Hilfreich ist auch hierbei eine schriftliche Liste mit Fragen, die Sie umtreiben. So vergessen Sie nichts. Sprechen Sie hier offen über Ihre Ängste und Sorgen. Sie können vorab mit den Ärzten festlegen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, wenn sich bei der Operation ein bestimmter Befund ergibt. Das kann bei zum Beispiel Krebserkrankungen sinnvoll sein. Mitunter ist es möglich, schon während eines Eingriffs Gewebe effektiver zu bestrahlen als nachher.

Sie können grundsätzlich alle persönlichen und medizinischen Wünsche in Ihre Krankenakte eintragen lassen. In diesem Zusammenhang sollten Sie auch auf eine bestehende Patientenverfügung oder andere Vollmachten hinweisen. Festlegen können Sie auch jetzt noch, in welchem Umfang Ihre Angehörigen oder auch Freunde über Ihren Zustand informiert werden dürfen.

Über was muss mich der Arzt aufklären?

"Der Patient soll und darf alles wissen", sagt Prof. Bernd Böttiger. Das allerdings hat Licht- und Schattenseiten. Denn das verbriefte Recht, über alles aufgeklärt zu werden, das typischer Weise passieren kann, hat auch unerwünschte Nebeneffekte. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Betroffenen nach dem Eingriff Schmerzen bekommen, die sie sonst nicht bekommen hätten. "Aus der Placebo-Forschung wissen wir, dass wirkt, was wir dem Menschen sagen." Eindrucksvoll wurde so zum Beispiel bewiesen, wie Männer nach der Gabe von Betablockern viel häufiger müde und impotent wurden, wenn man ihnen diese Nebenwirkungen vorher im Gespräch nannte.

Ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten hilft dabei, das richtige Aufklärungsmaß zu finden. "Es gibt Menschen, die beim Aufklärungsgespräch sagen, dass sie das alles gar nicht so genau wissen wollen. Dann vermerke ich das und uns beiden ist Genüge getan", so Böttiger.

Über was muss ich den Arzt aufklären?

Ob es eine Erkältung ist oder ein Herzleiden — all das sind wichtige Informationen für den Operateur und den Anästhesisten. Denn beides wirkt sich auf das bevorstehende Ereignis aus und kann sogar ausschlaggebend dafür sein, dass der Eingriff verschoben werden muss, um alle beherrschbaren Risikofaktoren zu minimieren. Ein durch einen Infekt angeschlagenes Immunsystem ist ebenso wenig dienlich wie ein schlecht eingestellter Blutdruck. Darum gilt es, alle Erkrankungen, Infekte, Entzündungen oder Schmerzzustände im Vorhinein zu erwähnen und ebenso auch Medikamente, die man einnimmt oder eingenommen hat. 1000 Milligramm Aspirin, die beispielsweise gegen Kopfschmerzen genommen werden, wirken noch drei bis vier Tage nach der Einnahme blutverdünnend.

Ebenso sollten Sie mit pflanzlichen und rezeptfreien Präparaten nicht hinterm Berg halten. Ginkopräparate, die zum Beispiel bei Durchblutungsstörungen, aber auch Demenz-Erkrankungen oder Tinnitus eingenommen werden, können die Blutgerinnung beeinflussen. Bei einer OP ist das alles andere als eine Nebensächlichkeit.

Auch, wenn Sie finden, es gehört hier nicht hin: Seelischer Stress kann sich unvorteilhaft auswirken. Große Angst kann Schmerzen verstärken, eine belastende persönliche Situation so viel Stress erzeugen, dass das einen ungewünschten Effekt aufs Herz-Kreislaufsystem nimmt. In jedem Fall gilt also: Sprechen Sie ein offenes Wort.

Was kann man gegen die Angst vor der Operation tun?

Es gibt zwar kein Patentrezept gegen die Angst, aber es gibt viele Dinge, die sich positiv auswirken können. Neben Kliniken, die sich mit unkonventionellen, aber wirkungsvollen Methoden zur "angstfreien Klinik" gemausert haben und neben Entspannungsbehandlungen, Massagen oder Hypnose auch mit Kopfhörern und Videobrille im OP der schleichenden Furcht an den Kragen wollen, gibt es in allen Krankenhäusern Psychologen, Seelsorger oder ehrenamtliche Helfer, die für Sie da sind.

Sie haben die Möglichkeit, sich ein Schlafmittel verschreiben zu lassen, das in der Nacht vorher dafür sorgt, dass Sie Erholung finden. Kurz vor dem Eingriff bekommen Sie in der Regel ein Beruhigungsmittel, das die Anspannung nehmen soll.

Neben diesen konventionellen Mitteln gibt es auch andere, die individuell wirkungsvoll sein können. Hierzu gehört neben Akupunktur und Aromatherapie auch die Homöopathie. Cornelia Bajic, Vorsitzende des Zentralvereins homöopathischer Ärzte empfiehlt bei großer Angst vor der Narkose drei Globuli Aethusa in einer C30-Verdünnung. "Das Mittel ist angezeigt, wenn man sehr nervös ist und Sorge hat, nicht mehr aufzuwachen", so die Homöopathin. Sollte diese Gabe nicht ausreichen, kann man bereits am Abend vorher fünf Kügelchen mit einem Plastiklöffel in einem Glas verkleppern und mehrmals schluckweise davon trinken.

Welche Narkosemöglichkeiten gibt es?

Grundsätzlich gibt es vier Narkosemöglichkeiten. Die sogenannte Lokalanästhesie bewirkt, dass kleine Körperstellen betäubt werden, die dann schmerzfrei sind. Bei dieser Form der Betäubung ist der Patient oft bei vollem Bewusstsein. Auf diese Weise können kurzzeitige Eingriffe, wie das Entfernen von Muttermalen durchgeführt werden.

Um Eingriffe wie das Ziehen von Weisheitszähnen, Darm- oder Magenspiegelungen durchzuführen, wird der Patient häufig in einen Dämmerschlaf versetzt. Die Mediziner sprechen dann von einer Sedierung. Dazu werden schmerzstillende Medikamente und beruhigende Substanzen gespritzt, die den Betroffenen schläfrig und entspannt machen. Zusätzlich erfolgt eine Lokalanästhesie.

Die Teilnarkose — auch Regionalanästhesie genannt — dient zur Betäubung von Beinen, Unterleib oder Leistengegend. Für sie werden Betäubungsmittel in den Wirbelkörperkanal gespritzt. Dadurch werden die nach unten gehenden Nervenstränge blockiert und die untere Körperhälfte wird gefühllos. "Um die Nerven, die aus dem Rückenmark kommen, zu betäuben, benutzt man ein Lokalanästhetikum, wie es auch der Zahnarzt benutzt", so der Kölner Anästhesist.

Durch eine Teilnarkose lassen sich auch gezielt andere Körperregionen wie der Arm oder die Hand betäuben.

Die Vollnarkose soll den Patienten schmerzfrei und kontrolliert bewusstlos machen. Oft werden zusammen mit der Vollnarkose auch muskelentspannende Mittel verabreicht, damit während der Operation nicht unerwartet unbewusste Bewegungen oder Reflexe auftreten. "Wenn der Patient schläft, schieben wir meist einen kleinen Plastikschlauch in die Luftröhre, durch den wir ihn künstlich beatmen. Denn die Narkose beeinflusst auch die Atmung", sagt Böttiger. In einen solchen Tiefschlaf versetzt ist man nicht mehr in der Lage, selbst zu atmen.

Welche Narkose kommt für mich in Frage?

Als Fachmann für Narkose und Schmerztherapie wird der Anästhesist beim Vorgespräch eine angemessene Narkoseform nennen. Während bei schweren Operationen und langen Eingriffen jeder Betroffene dankbar für eine Vollnarkose sein wird, gibt es hingegen auch zahlreiche Eingriffe, bei denen verschiedene Formen der Betäubung in Frage kommen. "Der Patient hat das Recht, mitzuentscheiden", sagt der Chefanästhesist aus Köln. Neben Menschen, die froh sind, nichts mitzubekommen, gibt es andere, denen es trotz möglicher unangenehmer Operationsgeräusche wichtig ist, zwar schmerzfrei zu sein, aber zu jeder Zeit alles mitzubekommen. Im Gespräch mit Ihrem Anästhesisten können Sie ausloten, was Ihnen am besten hilft.

Warum ist Rauchen ungünstig?

Wer raucht, der hat nach Operationen häufiger mit Komplikationen von Seiten der Lunge sowie Wundheilungsstörungen zu tun. Zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt die Forschung allerdings, wie zeitnah vor einer OP eine Rauchabstinenz noch nennenswerte Erfolge erzielt. Manche sehen schon Vorteile darin, noch 24 Stunden vorher eine Pause einzulegen und so den Sauerstoffgehalt im Gewebe zu steigern. Das kann deshalb vorteilhaft sein, weil Anästhesie und Operation ohnehin die Sauerstoffversorgung des Körpers beeinflussen. Das Rauchen minimiert die Sauerstoffmenge im Blut zusätzlich und behindert laut Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen eine zügige Wundheilung. Die Lungenfunktion verbessert sich hingegen erst nach zwei rauchfreien Monaten.

Hat es Vorteile, vor einer OP seine Fitness zu steigern?

Tatsächlich gibt es erste Hinweise darauf, dass es sinnvoll sein kann, vor einer geplanten OP seine sportliche Fitness zu trainieren. "Wir arbeiten im Moment gemeinsam mit der Sporthochschule Köln an einer Untersuchung dazu", erklärt Prof. Bernd Böttiger. Im Rahmen dieser Studie trainieren Patienten einige Wochen vorher, um ihr Herz-Kreislaufrisiko zu minimieren und so den bevorstehenden Eingriff besser wegzustecken. Wer nun wenige Tage vorher mit dem Joggen beginnt, wird nicht allzu viel erreichen können. Drei bis vier Wochen im voraus allerdings lassen sich Ausdauer, Muskeln, Atemwege und das Herz-Kreislauf-System noch aufpolieren.

Bei Operationen am Bewegungsapparat empfiehlt man schon jetzt den Patienten manchmal vor dem Eingriff gezielt bestimmte Muskelpartien zu trainieren. Dadurch kommen die Betroffenen später schneller wieder auf die Beine.

Wie stark werden meine Schmerzen sein?

Schmerz ist ein höchst individuelles Empfinden. Jeder steckt einen operativen Eingriff anderes weg. Doch seien Sie ohne Sorge, bevor Sie Ihr Bewusstsein wiedererlangt haben, wird der Anästhesist die ersten Maßnahmen ergriffen haben, um Ihnen unnötige Schmerzen zu ersparen. Wenn Sie Angst davor haben, was Sie nachher erwartet, treffen Sie im Vorfeld Absprachen dazu. Absolute Schmerzfreiheit, darüber sollten Sie sich auch durch Bezeichnungen wie "schmerzfreie Operation" nicht täuschen lassen, ist nach einem größeren Eingriff meist nicht zu erwarten. Leichte Schmerzen können laut Anästhesist Böttiger bisweilen schon noch auftreten, besonders bei Bewegungen oder beim Husten. Wichtig ist es dann, sich mitzuteilen, damit die verwendeten Mittel in ihrer Dosierung angepasst werden können.

(wat)
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