Verletzung der Mundschleimhaut Aphthen — nur wenig hilft dagegen

Düsseldorf (RPO). Ein prickelndes Gefühl muss nicht immer angenehm sein. Mancher verspürt es in der Wange. Bei genauem Hinsehen entpuppt sich das Gefühl als Verletzung der Mundschleimhaut. Sogenannte Aphthen zeigen sich dort als Bläschen. Abhilfe lässt sich nicht so leicht schaffen, denn seriöse Therapiemöglichkeiten sind gering.

Düsseldorf (RPO). Ein prickelndes Gefühl muss nicht immer angenehm sein. Mancher verspürt es in der Wange. Bei genauem Hinsehen entpuppt sich das Gefühl als Verletzung der Mundschleimhaut. Sogenannte Aphthen zeigen sich dort als Bläschen. Abhilfe lässt sich nicht so leicht schaffen, denn seriöse Therapiemöglichkeiten sind gering.

Anfangs brennt es nur etwas im Mund, amZahnfleisch etwa oder in der Backentasche. Einige Stunden späterbeginnt es, höllisch zu schmerzen. Ein Blick in den Mund verrät dieQuelle der Qualen: eine Aphthe. So heißen die weißlichen,bläschenartigen Verletzungen der Mundschleimhaut, die von einemrötlichen, entzündeten Rand umgeben sind.

Aphthen sind meist nur so klein wie ein Stecknadelkopf, aber einegroße Beeinträchtigung: "Einmal hatte ich sechs auf einmal, komplettüber den Mund verteilt", erzählt der 16-jährige Schüler MartinWagner. "Dann kann man fast gar nicht mehr essen oder Zähne putzen."Die schmerzenden Stellen heilen innerhalb von wenigen Tagenkomplikationslos wieder ab, manchmal dauert es auch bis zu zweiWochen.

Tipps ohne Beweis auf Wirkung

Das Internet offenbart tausende Tipps gegen Aphthen, und jederBetroffene hat für sich einen Trick ausgetüftelt, wie er diePlagegeister angeblich besonders schnell wieder loswird. Tatsacheist: "Aphthen lassen sich nicht ursächlich behandeln, da ihre Ursacheunklar ist", sagt Wolfgang Bengel, Vizepräsident der DeutschenGesellschaft für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde (DGZMK) inDüsseldorf und Experte für Mundschleimhauterkrankungen. Nach heutigemWissensstand seien entgegen der oft verbreiteten Meinung keine Virenoder Bakterien dafür verantwortlich - Aphthen sind nicht ansteckend.

"Bei Aphthen handelt sich um eine überschießende Immunreaktion.Dadurch stirbt Gewebe ab, und die Schleimhaut darüber wird nicht mehrdurchblutet", erläutert Prof. Jürgen Becker, Direktor der Poliklinikfür zahnärztliche Chirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Ervergleicht es mit einem Sonnenbrand, bei dem sich die Haut schupptund ebenfalls weiß wird. Im Prinzip entstehen dadurch Löcher in derMundschleimhaut, und Nervenenden liegen frei - deshalb sind Aphthenso schmerzhaft.

Früher empfahl man als Therapie das Aufträufeln vonSilbernitratlösung. Bengel rät davon ab: "Das verätzt lediglichNervenendigungen." Oft werde es dadurch sogar schlimmer. EinigeZahnärzte tragen die Aphthen mit einem Laser ab. Viele Patientenwiederum schwören auf das regelmäßige Ausspülen der Mundhöhle mitSpeiseöl, mit Kamillenextrakt oder antibakteriellen Mundspüllösungen."Es gibt aber bisher keine Studien, die belegen, dass all dieseMethoden tatsächlich einen Einfluss haben", sagt Bengel. Außerdem:"Richtige Aphthenpatienten können spülen, womit sie wollen - sieerfahren keine Linderung."

Diese Komplikationen gibt es

Denn neben den üblichen kleinen, hin und wieder auftretendenAphthen gibt es auch drastische Fälle, erläutert Becker. Dazu gehörenimmer wiederkehrende Aphthen, bei denen der Patient nur seltenschmerzfrei ist, sowie sogenannte Majoraphthen: Aphthen von bis zueinem Zentimeter Ausmaß. Becker empfiehlt, sich in solchen Fällen injedem Fall an einen Zahnarzt zu wenden: "Wenn man öfters mit Aphthenkonfrontiert ist, sollte man sich eine Kortisonsalbe verschreibenlassen und diese frühzeitig auf die Aphthe auftragen", rät er.Kortison schwächt die entzündliche Reaktion ab und ist auch lautBengel die "einzige seriöse Therapie bei Aphthen."

Kortison hat allerdings einen schlechten Ruf - sowohl Becker undBengel versichern aber, dass bei einer örtlich und zeitlichbegrenzten Anwendung im Normalfall keine Nebenwirkungen zu erwartensind. Nur sehr selten - in wirklich schlimmen Fällen - greifenZahnärzte als letztes Mittel zu Kortisontabletten.

Keine seriösen Vorbeugemaßnahmen

Becker empfiehlt außerdem teure Spezialzahnpasten gegen Aphthen,die es in der Apotheke oder im Internet zu kaufen gibt. Dieseenthalten keine schäumenden Stoffe und sollen dadurch die Schleimhautschonen. Auch Martin Wagner hat diese Zahncreme ausprobiert undglaubt, dass er damit weniger Aphthen bekommt. Aber Bengel warnt:"Keine Studie hat bisher beweisen können, dass solche Zahnpastentatsächlich Aphthen vorbeugen." Und er fügt hinzu: "Es wäre einSegen, wenn es so ein vorbeugendes Mittel gäbe."

Diese Auslöser werden diskutiert

Die Hautärzte Andreas Altenburg und Prof. Christos Zouboulis vomStädtischen Klinikum Dessau schreiben im Fachmagazin "Skin TherapyLetter", dass bestimmte Lebensmittel den Ausbruch neuer Aphthenauslösen können und das Abheilen bestehender Aphthen erschweren. Zuden Verdächtigen zählen sie harte, saure, salzige oder stark gewürzteSpeisen sowie Schokolade und Alkoholika. Jeder muss allerdings selbstherausfinden, ob es bei ihm einen Zusammenhang gibt - und dieentsprechenden Nahrungsmittel dann meiden.

Zwar weiß bisher niemand, woher Aphthen kommen und wie man ihnensicher vorbeugt. Aber wer öfters an Aphthen leidet, kann dennochberuhigt sein: "Aphthen stellen kein Indiz für eine schwerwiegendeErkrankung dar", sagt Becker. "Sie sind einfach schlicht undergreifend häufig und unangenehm."

(tmn/wat)
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