Schlicht und geländetauglich Fatbikes - die mit den fetten Reifen

Stuttgart/Göttingen · Fatbikes machen ihrem Namen alle Ehre: Die Trendräder aus Amerika rollen auf bis zu 4,8 Zoll breiten Reifen und fräsen sich damit mühelos durch Schnee und Schlamm. Perfekt für Radler, die auch im Winter durchs Gelände cruisen wollen.

Fatbikes - die mit den fetten Reifen
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Foto: dpa, pd-f, Felt

Ein schlichter Rahmen, wenig Schnickschnack und Reifen so dick, als wollte man damit einen gefrorenen Acker umpflügen: Fatbikes mit ihren bis zu 4,8 Zoll breiten Gummis sind der Hingucker der Saison.

Bisher rauschten damit vor allem Extremsportler durch amerikanische Canyons. Doch in diesem Jahr zeigen viele US-Hersteller ihre neuen Modelle erstmals auch einem größeren Publikum in Deutschland. Die federlosen Fahrräder dämpfen Stöße allein durch den geringen Luftdruck im Reifen, der in der Regel deutlich unter einem Bar liegt.

"Das Fatbike kommt aus den USA und hat dort klare Einsatzgebiete: Sand, Wüste, Schnee", sagt Christian Pauls, Testredakteur beim "Mountainbike Magazin" in Stuttgart. "Bei den Amerikanern ist das der absolute Megahype." Die Trekking-Räder fahren sich durch den geringen Reifendruck auch in Kurven sehr komfortabel. "Der Reifen beißt sich richtig im Untergrund fest, das macht schon Spaß."

Auf der Messe Eurobike 2013 konnten die Besucher besonders viele Radneuheiten mit den extradicken Reifen bestaunen. Fatbike-Pionier Surly zeigte das Modell Moonlander mit 4,8 Zoll breiten Reifen. Auf immerhin 4 Zoll kommt das Carbonrad Beargrease vonSalsa daher.

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Foto: AFP

In der gleichen Liga rangiert das Modell Wo von Kona. Das Argon Fat von Nicolai kommt immer noch auf stattliche 3,8 Zoll. Daneben waren unter anderem Specialized mit dem FatBoy, Agang mit dem Sumo und der deutsche Hersteller Velotraum mit dem Pilger vertreten. Der Markt bietet mittlerweile also eine gewisse Auswahl. Allerdings sind einige Modelle erst wieder im Frühjahr lieferbar.

Doch wer braucht überhaupt ein Fahrrad, dessen Bereifung fast an ein ausgewachsenes Motorrad erinnert? "Fatbikes sind eine Option für Mountainbiker, die auf Federungstechnik verzichten wollen und dafür in Kauf nehmen, dass alles etwas gemütlicher rollt", sagt Bettina Cibulski vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).

Aus Sicht von Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) bieten Fatbikes den Vorteil, dass kaum ein Untergrund den Radler aufhält - egal ob Sand, Kies, Matsch oder Schnee. "Mit demFatbike hat man ein Rad, das extrem universell im Einsatz ist und das eine sehr simple Technik hat." Fatbikes seien so etwas wie das Zweirad-Pendant zum Geländewagen: "Das Motto lautet: Komme, was wolle."

Die extreme Outdoor-Tauglichkeit macht Fatbikes für eine Saison attraktiv, in der viele ihr Fahrrad lieber in den Keller stellen. "Ich hole mir mit dem Rad den Winter zurück", sagt Fehlau. Natürlich könne man bei Schnee auch Spikes aufziehen - aber nur bis zu einer gewissen Tiefe.

"Wenn man sich an die monströse Optik der Fatbikes gewöhnt hat, ist das ein völlig neues Fahrerlebnis. Ich bin aus einer kindlichenFreude gar nicht mehr herausgekommen", schwärmt der Fahrradexperte. "Heute sage ich: Hoffentlich bleibt der Schnee liegen." Auf bis zu 20 Zentimetern lasse sich sehr gut fahren.

Nach Ansicht von Fehlau sind Fatbikes auf dem bestenWeg, die Nische zu verlassen und für den Massenmarkt attraktiv zu werden. Das sehe man auch daran, dass immer mehr Reifen - und Inventarhersteller ihr Sortiment erweiterten und zum Beispiel spezielle Federgabeln und passende Nabendynamos für die überbreiten Reifen anbieten.

Auch das technische Niveau der Räder sei mittlerweile solide. Als Zielgruppe macht Fehlau Radfahrer aus, die im Winter nicht von der Witterung abhängig sein wollen. "Aber auch solche, die entschleunigen wollen." Und es komme dort weiter, wo andere Fahrräder streiken.

Nicht ganz so euphorisch ist Christian Pauls vom "Mountainbike Magazin": "Für mich ist der Trend nicht so nachvollziehbar." Moderne Mountainbikes seien bereits viel weiter entwickelt. "Das können allein die großenReifen nicht kompensieren." Die Federngabeln würden zwar nachgerüstet, seien aber noch nicht ausgereift und machten die Fatbikes noch einmal teurer. Schon jetzt muss man um die 2500 Euro in die Hand nehmen. "Fatbikes sind aus meiner Sicht etwas für Enthusiasten", resümiert Pauls.

Auch Bettina Cibulski rät Interessenten, sich genau zu überlegen, ob man etwas mit dem Rad anfangen kann und sich der stattliche Kaufpreis wirklich lohnt. "Wie das Fatbike in Europa akzeptiert wird, ist noch nicht absehbar", sagt Pauls. Ein leichter Elektroantrieb könnte der Attraktivität möglicherweise Vorschub leisten. Der Hersteller Felt hat auf der vergangenen Interbike in Las Vegas ein E-Fatbike mit Bosch-Antrieb präsentiert. Auch Klaxon bringt 2014 ein Fatbike als Pedelec mit Elektroantrieb auf den Markt.

(dpa)
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