"Tacheles" – das neue Album der Band Mia

Die Lieder der Berliner Band Mia waren der Soundtrack für jene Momente im Leben, da man fremden Leuten ein Eis kaufen und den Mond mit Glasklar saubermachen wollte. Wer "Tanz der Moleküle" von 2006 hört, vergisst Waldsterben und Schuldenschnitt und geht mit Jules Mumm duschen: "Du bist so schön, weil Du lachst / Du, mein Herz tanzt / Und jedes Molekül bewegt sich". Mia machte Musik für den frühen Samstagabend, für die Augenblicke, in denen noch alles möglich ist.

Nun veröffentlicht die Gruppe um Sängerin Mieze ein neues Album. Es heißt "Tacheles", und es ist ungewohnt schwerfällig. Allein das fröhlich hüpfende "Fallschirm" erinnert an alte Zeiten, die anderen Songs verlieren sich irgendwo zwischen Romantik und Betroffenheit, zwischen Zeitkritik und Daseinsbejahung. Und wenn man hofft, da beginne jetzt wieder so ein Mia-Lied, das eigentlich kitschig ist, aber gut schmeckt und Lust macht aufs Einatmen, dann hakt es plötzlich. Wie in "La Boom", wo Mia kurz vor dem Refrain die Ideen ausgehen.

Die Stärke von Mia war das Entwaffnende im Vortrag von Zeilen wie diesen: "Jedes Positron entlädt sich / Jede Faser biegt und dreht sich / Und mein Herz tanzt." Auf "Tacheles" klingt diese Arglosigkeit lediglich an, die elf Stücke wirken durchgeplant und konstruiert. Was bleibt, ist diese Stimme, die einen immer noch schmunzeln lässt, weil sie so viel verspricht. PHILIPP HOLSTEIN

(RP)
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