Netzagentur versteigert Frequenzen Startschuss für ein neues Internet-Zeitalter

Düsseldorf (RPO). Das Wettbieten, das ein neues Internet-Zeitalter einläuten läuft auf vollen Touren: Die Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen hat am Montag in Mainz begonnen. Am Ende des ersten Auktionstags lag die Summe aller gehaltenen Höchstgebote nach der dritten Runde bei knapp 116,8 Millionen Euro, wie die Bundesnetzagentur mitteilte. Versteigert werden Frequenzen in den Bereichen 800 Megahertz, 1,8 Gigahertz, 2 Gigahertz sowie 2,6 Gigahertz. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

DSL, WiMAX und Co. - die wichtigsten Begriffe erklärt
Infos

DSL, WiMAX und Co. - die wichtigsten Begriffe erklärt

Infos
Foto: AP

Düsseldorf (RPO). Das Wettbieten, das ein neues Internet-Zeitalter einläuten läuft auf vollen Touren: Die Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen hat am Montag in Mainz begonnen. Am Ende des ersten Auktionstags lag die Summe aller gehaltenen Höchstgebote nach der dritten Runde bei knapp 116,8 Millionen Euro, wie die Bundesnetzagentur mitteilte. Versteigert werden Frequenzen in den Bereichen 800 Megahertz, 1,8 Gigahertz, 2 Gigahertz sowie 2,6 Gigahertz.

Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

An der Versteigerung nehmen die Mobilfunkanbieter T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 teil. Im Fokus stehen vor allem die 800-Megahertz-Frequenzen, die durch das Abschalten des analogen Rundfunks freigeworden sind und eine höhere Reichweite haben. Diese Frequenzen sind an Ausbauverpflichtungen gekoppelt. Dadurch sollen bislang nicht erschlossene Gebiete mit breitbandigem Internet versorgt werden.

Wie lange die Auktion letztlich dauern wird, ist laut Behörden-Präsident Matthias Kurth nicht einzuschätzen. Dies dürfte auch an den relativ komplexen Modalitäten der Versteigerung liegen. Experten halten es für unwahrscheinlich, dass bei der Aktion mit einer Rekordeinnahme gerechnet werden kann. Bei der UMTS-Versteigerung im Jahr 2000 waren Einnahmen von rund 50 Milliarden Euro verbucht worden. Experten rechnen dieses Mal mit einer Summe zwischen drei Milliarden und acht Milliarden Euro.

Derweil erwarten Verbraucherschützer durch die Nutzung der Mobilfunkfrequenzen massive Störungen des terrestrischen Digitalfernsehens (DVB-T). "Die Störungen sind ein völlig ungelöstes Problem, das der Netzagentur ziemlich egal zu sein scheint", sagte Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel". Der Verbraucherschützer fordert, bevor die neuen Frequenzen genutzt werden, müsse zumindest die Verantwortung für mögliche Störfälle festgelegt werden.

Was wird versteigert? Die Bundesnetzagentur versteigert Sendefrequenzen, die vor allem durch die Digitalisierung des Antennenfernsehens frei geworden sind, die so genannte digitale Dividende. Oft ist in dem Kontext auch der Begriff 4G zu vernehmen, einem Kürzel für die vierte Generation des Mobilfunks. Die Bewerber bieten gleichzeitig und unabhängig voneinander für ein von ihnen gewünschtes Frequenzspektrum. Insgesamt sind 41 Frequenzblöcke zu vergeben mit einem Spektrum von rund 350 Megahertz. Das ist zweieinhalb Mal so viel wie bei der spektakulären UMTS-Auktion im Jahr 2000.

Der begehrteste Frequenzbereich, der versteigert wird, liegt im Bereich von 800 Megahertz und wurde mit der Umstellung des Fernsehens auf digitalen Betrieb frei. Damit können Mobilfunkfirmen mit relativ wenigen Funkstationen vor allem das Netz in ländlichen Regionen ausbauen. Grundsätzlich macht die Netzagentur den Firmen keine Vorgaben zur Technik, die verwendet wird. Denkbar ist also der Einsatz von UMTS oder neueren Funkstandards.

Warum gelten die Frequenzen als Schlüssel für die Zukunft? Die Mobilfunkkonzerne gehen davon aus, dass die Gewinne von morgen mit mobilen Endgeräten zu machen sind. Die Frequenzen sind von elementarer Bedeutung für die moderne Technologie. Vom Babyfon über Radio und Fernsehen bis zu Satelliten - sie alle funken auf verschiedenen Frequenzen, um sich nicht gegenseitig zu stören. Dem Gesamtangebot sind physikalisch Grenzen gesetzt, weshalb frei gewordene Frequenzen heiß begehrt sind. Nun wird Kapazität frei, weil die Ausstrahlung von analogen Fernsehkanälen über Antenne nach Jahrzehnten gestoppt wurde. Hierbei spricht man von der "Digitalen Dividende".

Smartphones, iPads, Laptops - das Internet hat schon längst den Weg herausgefunden aus dem verkabelten Büro-PC. Immer mehr Menschen surfen via Mobilfunk. Noch sind die Datentransfers eine mühsame Sache. Die neuen Frequenzen sollen das im Verbund mit neuen Übertragungstechniken bald ändern. Umfangreiche Datenpakete, Videos, Online-Spiele all das soll in naher Zukunft auch unterwegs möglich sein. Die Netzbetreiber erhoffen sich Umsatzsteigerungen in Milliardenhöhe.

Wer sind die Käufer? Sechs Unternehmen hatten sich beworben, vier davon hat die Bundesnetzagentur zur Auktion zugelassen: T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus. Mit der Bewerbung musste jeder Bieter darlegen, wie viele Frequenzblöcke er maximal ersteigern möchte. Er erhält damit eine bestimmte Anzahl Bietrechte. Gleichzeitig gilt eine Mindestaktivität: Die liegt zu Beginn bei 50 Prozent und steigt in mehreren Phasen auf bis zu 100 Prozent. Wer für weniger Blöcke bietet, verliert Bietrechte. Für den Wettbewerb ist entscheidend: Wer als Erster Angebote für den neuen schnellen Zugang ins Netz auf den Markt bringt, hat die größten Vorteile.

Macht der Staat wieder Milliardengewinne? Experten rechnen mit Erlösen in einstelliger Milliardenhöhe. Für jeden Frequenzblock gilt ein Mindestgebot. Die Bieter müssen das jeweilige Höchstgebot um einen jeweils festgelegten Prozentsatz oder eine Mindestsumme überbieten. Mit einer Geldschwemme wie im Jahr 2000 ist demnach nicht zu rechnen. Das hat Gründe. Zum einen sind Frequenzen in großer Menge vorhanden, so dass sich der Wettbewerb in Grenzen halten dürfte.

Zum anderen macht der Staat kostspielige Auflagen. Die Interessenten für die 4G-Frequenzen mussten sich verpflichten, im Fall eines Kaufes das neue Mobilfunknetz schnell und umfassend auszubauen. Priorität muss dabei die Schließung der so genannten weißen Flecken haben, die bislang nicht mit schnellem Internet versorgt sind. Jeder Netzbetreiber verpflichtete sich, ab dem 1. Januar 2016 in allen Bundesländern einen Versorgungsgrad von 90 Prozent zu erreichen. Erst wenn Gemeinden und Städte mit höchstens 5000 Einwohnern schnelle Internetanschlüsse bekommen haben, dürfen die Unternehmen die lukrativere Versorgung von größeren Städten angehen

Wann steht fest, wer die Auktion gewonnen hat? Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, sagte am Montag im Deutschlandradio Kultur, die Versteigerung könne Wochen dauern. Die Auktion ist beendet, wenn auf keinen der Blöcke mehr ein Gebot abgegeben wird. Die Versteigerung endet also insgesamt und nicht individuell für einzelne Frequenzbereiche oder -blöcke. In einem zweiten Auktionsabschnitt können gegebenenfalls so genannte gestrandete Blöcke vergeben werden, für die sich im ersten Abschnitt kein Bieter gefunden hat. Die Gesamtdauer ist bislang nicht vorauszusagen: Die UMTS-Auktion im Jahr 2000, die deutlich kleiner war, dauerte drei Wochen mit 173 Auktionsrunden. Dieses Mal kann jeder Bieter zudem einen bietfreien Tag beantragen.

Was ändert sich für den Verbraucher? Für die Kunden sieht Kurth Vorteile insbesondere durch eine effizientere Nutzung, die durch weitere Frequenzen ermöglicht werde. Ebenso habe die jüngste Vergangenheit gezeigt, dass der Wettbewerb in Deutschland zu immer günstigeren Angeboten geführt habe, obwohl die Ansprüche an die Leistung sogar gestiegen seien. Reizvoll ist aus Verbrauchersicht zudem die Einführung der Long-Term-Evolution-Technik (LET). Die neuen Frequenzen gelten dafür als Voraussetzung. Mit LET sollen Geschwindigkeiten erreicht werden, die bis zu hundertmal so schnell sind wie ein herkömmlicher DSL-Anschluss.

Was sagen Kritiker? Kritik äußert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Gerade auf dem Land sei mit einer höheren Elektrosmogbelastung zu rechnen. Über die Langzeitwirkungen der Mobilfunkstrahlung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt sei viel zu wenig bekannt. Es fehlten Schutzmaßnahmen für die Anwohner der Sendestationen.

(AFP/APN)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort