Gewinnversprechen kassiert Historischer Absturz der Lufthansa-Aktie

Düsseldorf · Der neue Chef kassiert nach nur sechs Wochen im Amt alle Gewinnversprechen seines Vorgängers. Die Aktien brechen um über 14 Prozent ein - so stark wie zuletzt bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

 Die Aktie der Kranich-Airline hat so stark nachgegeben wie seit den Anschlägen vom 11. September 2001 nicht mehr.

Die Aktie der Kranich-Airline hat so stark nachgegeben wie seit den Anschlägen vom 11. September 2001 nicht mehr.

Foto: dpa, fve htf ent rho

Auf den neuen Chef eines Dax-Konzerns wartet in der Regel eines dieser beiden Szenarien: Entweder der Vorgänger stimmt die Börse schnell noch mit einem skeptischen Ausblick auf schwere Zeiten ein. Dann sind die Erwartungen niedrig, und der neue Chef kann leicht punkten. Oder der Vorgänger rühmt beim Abtreten seine eigenen Leistungen und verspricht als Beleg dafür alsbald sprudelnde Gewinne. Dann hat sein Nachfolger es deutlich schwerer.

Ex-Lufthansa-Chef Christoph Franz hat sich offenbar für die zweite Variante entschieden. Noch auf der Hauptversammlung Ende April kündigte er für Deutschlands größte Fluggesellschaft üppige Gewinne an. Sein Nachfolger müsse nur am bereits eingeschlagenen Kurs festhalten. Seit sechs Wochen ist nun Carsten Spohr der neue Lufthansa-Chef. Aber er spielt das Spiel nicht mit: Gestern strich der gelernte Pilot die ehrgeizigen Ziele seines Vorgängers zusammen.

Im laufenden und im kommenden Jahr werde der operative Gewinn zusammengerechnet über eine Milliarde Euro unter den bisherigen Ankündigungen liegen, kündigte der Konzern gestern an. 2014 soll das Ergebnis bei einer statt wie bislang erwartet bei 1,5 Milliarden Euro liegen, im kommenden Jahr bei zwei Milliarden statt wie angekündigt bei 2,65 Milliarden Euro. Die Aktie brach in der Spitze um 15 Prozent ein. Das ist für die Lufthansa der größte Tagesverlust seit den Anschlägen vom 11. September 2001.

Auch die Lufthansa-Belegschaft reagierte entsetzt. Schließlich hatte Franz ihnen vor zwei Jahren das härteste Sparprogramm in der Unternehmensgeschichte verordnet. Begründung: Die Lufthansa muss mehr Gewinne machen, weil sie das Geld für den Kauf neuer Flugzeuge braucht. Tausende von Mitarbeitern müssen jetzt in günstigere Konzerntöchter wechseln, 3500 Jobs wurden gestrichen. Und die Unruhe im Konzern dauert an: Bis heute zanken die Piloten sich mit der Konzernspitze um einen neuen Tarifvertrag.

Finanzchefin Simone Menne begründete die enttäuschende Gewinnrevision gestern mit der aggressiven Konkurrenz: Dank üppiger Staatshilfen könnten die Fluggesellschaften vom arabischen Golf gefährlich günstige Langstrecken-Tickets verkaufen. Gleichzeitig böten immer mehr Billigflieger laufend neue Punkt-zu-Punkt-Verbindungen im Europaverkehr an. Analysten wandten gestern ein, dass diese Analyse zwar richtig sei - aber nicht neu.

Deshalb reiche sie kaum als Begründung für das Kassieren von nur gut vier Wochen alten Gewinnzielen. Außerdem stellte das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum noch im April in seinem jüngsten Billigflug-Monitor fest, dass die Billigflieger ihre Ticketpreise inzwischen deutlich angehoben haben. Auf dem deutschen Markt ist das Billigflieger-Angebot seit 2011 sogar geschrumpft.

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Und wie will Spohr die Lufthansa aus dem Zangengriff von Golf-Airlines und Billigfliegern befreien? Durchgesickert ist, dass er abgeschriebene Airbus-Flugzeuge aus der eigenen Flotte als Billigangebot auf neuen Tourismus-Langstrecken positionieren will. Außerdem soll der Winterflugplan ausgedünnt werden.

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Eventuell wird auch noch der Sommerflugplan 2015 gekürzt, wie Menne gestern in einer Telefonkonferenz sagte. Damit räumte sie indirekt ein, dass die Lufthansa intern nicht von einer nur vorübergehenden Durststrecke ausgeht. Konkrete Pläne will Spohr im kommenden Monat vorstellen.

(RP)
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