"Bedenklich, unverständlich und inakzeptabel" Regierung kritisiert Ackermann scharf

Berlin (RPO). Die Bundesregierung wirft Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vor, das staatliche Rettungspaket für das Finanzwesen in Misskredit gebracht zu haben. Ackermanns Äußerungen seien "bedenklich, unverständlich und inakzeptabel", sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Nach den Vorgesprächen mit dem Banker habe man davon ausgehen können, dass Ackermann zumindest die Philosophie des Pakets verstanden habe.

Deutsche-Bank-Chef Josef hatte schon früh Interesse an der Bank bekundet.

Deutsche-Bank-Chef Josef hatte schon früh Interesse an der Bank bekundet.

Foto: AP, AP

Der Kraftakt zum Rettungspaket für die Banken steckt den Berliner Politikern noch schwer in den Knochen. In einem einzigartigen Eilverfahren wurde der 500-Milliarden-Fonds vergangene Woche durchgepaukt und bis Montag umgesetzt. Doch noch während letzte Hand an die Verordnung zu dem Rettungspaket angelegt wurde, schoss Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann mit der Bemerkung quer, er würde sich "schämen, wenn wir in der Krise Staatsgeld annehmen würden".

Im Berliner Regierungsviertel ist die Empörung nun groß, ganz offen taten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ihren Unmut kund. Denn alle Anstrengungen angesichts des Banken-Dramas scheinen von der Branche nicht ausreichend gewürdigt zu werden.

Das gesamte Kabinett stellte sich am Montag gegen den schon oft als überheblich gescholtenen Ackermann und verurteilte dessen Äußerungen als "absolut unverständlich und inakzeptabel". Das klinge ja so, als ob Banken, die Gelder aus dem Rettungsfonds in Anspruch nehmen, ein schlechtes Gewissen haben müssten, erregte sich Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Den Deutsche-Bank-Chef im Visier verkündete er im Auftrag der Kanzlerin, wer staatliche Hilfe in Anspruch nehme, tue nichts Ehrenrühriges, sondern beweise Mut und Verantwortung. Andere Äußerungen zeigten mangelnde Einsicht und Verständnis für das, was sich in den vergangenen Wochen abgespielt habe.

Steinbrück, der ohnehin zu klaren Worten neigt, machte aus seiner Empörung ebenfalls keinen Hehl. Er forderte eine "öffentliche Klarstellung" von Ackermann, dass dieser ebenfalls zu den Unterstützern der Rettungsfonds-Lösung gehörte. "Ich kann mich gut erinnern, wie wir beide es für notwendig hielten, keine Fall-zu-Fall-Lösung, sondern eine systemische Lösung zu finden", berichtete der Finanzminister vor laufenden Kameras. "Bis in die Nacht" habe er mit dem Deutsche-Bank-Chef deshalb zusammengesessen.

Zuvor hatte Sonntagabend bereits der Unionsfraktionsgeschäftsführer im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), mit ungewöhnlicher Deutlichkeit im ARD-Fernsehen auf den Deutsche-Bank-Chef eingehackt. Röttgen äußerte so klare Kritik am Selbstverständnis und an der Haltung des Top-Bankers, dass selbst der SPD-Linke Ottmar Schreiner aus dem Staunen nicht mehr herauskam. So ätzte Röttgen: "Es ist wirklich ein Hohn, dass Herr Ackermann jetzt sagt, ich verzichte auf den Bonus. Wir argumentieren, dass wir eine Bankenkrise haben, die im Grunde die Welt in den Abgrund führt, und er glaubt auch noch, einen Anspruch auf den Bonus zu haben." Eine Aufarbeitung der eigenen Fehler sei in der Bankenbranche bisher "komplett ausgeblieben".

Mit Gelassenheit und Humor darf derzeit im Regierungsviertel jedenfalls niemand rechnen, der den Eindruck erweckt, das mühsam erarbeitete Rettungspaket zerpflücken zu wollen. Selbst Steinbrücks Sprecher Torsten Albig, der üblicherweise nur zu knochentrockenen Kommentaren neigt, wenn ihm etwas gegen den Strich geht, konnte am Montag kaum noch an sich halten. Als ein Journalist die Frage in den Raum stellte, ob die strengen Auflagen für Banken für ihre Teilnahme an dem Milliardenfonds nicht Aktionäre verprellen würden, schleuderte der Finanzexperte erregt in den Saal: Wer jetzt das Paket kritisiere, der solle sich überlegen, was die Alternative für Aktionäre der betroffenen Unternehmen wäre - "dass sie ihre Anteile ins Klo nageln können".

Am Ende sah sich die Deutsche Bank am Montag doch noch zu einer Stellungnahme genötigt. Knapp hieß es aus Frankfurt, die Ackermann zugeschriebenen Äußerungen über die Bankenhilfen seien "Kolportage". Außerdem habe der Bank-Chef doch in einem Interview gesagt, es dürfe eben nicht dazu kommen, "dass aus falschem Prestige-Denken hilfsbedürftige Banken die von der Regierung angebotene Hilfe nicht in Anspruch nehmen". Zurückgenommen wurden die anderen Aussagen von Ackermann allerdings auch nicht.

(ap)
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