Russische Kreditzusage dementiert Island am finanziellen Abgrund

Reykjavik (RPO). Finanzchaos im hohen Norden: Der Inselstaat Island übernahm heute die Kontrolle über die zweitgrößte Bank des Landes. Die Regierung selbst benötigt nun einen Milliardenkredit, um die eigene Währung zu stützen und den Staatsbankrott abzuwenden. Ob der kommt, ist jedoch unklar.

 Reykjavik bei Tag - na ja.

Reykjavik bei Tag - na ja.

Foto: FILES, AFP

Die isländische Finanzaufsicht hat heute die Kontrolle über die Landsbanki übernommen. Alle inländischen Einlagen bei dem Finanzinstitut seien in vollem Umfang garantiert, teilte die Behörde am Dienstag in Reykjavik mit. Das Geschäft der Bank werde im Inland normal weitergehen.

Zudem räumte Russland dem zweitgrößten Inselstaat Europas einen Kredit über vier Milliarden Euro ein. Der russische Botschafter in Island, Victor I. Tatarinsev, habe den Vorsitzenden der isländischen Notenbank entsprechend informiert, teilte die Notenbank mit. Die Laufzeit des Kredites betrage drei bis vier Jahre, der Zinssatz liege zwischen 30 und 50 Punkten über dem Referenzzinssatz im Interbankengeschäft, dem Libor. Die Nachrichtenagentur "Reuters" meldete hingegen, dass der Kredit noch nicht in trockenen Tüchern sei und die russische Seite eine Einigung dementiere.

Der Kredit, über den seit einigen Monaten verhandelt werde, soll die Devisenreserven Islands aufpolstern, um die Landeswährung zu stützen. Die isländische Krone war in der Vergangenheit bereits mehrfach im Ziel von Spekulanten, die die geringe Größe der isländischen Volkswirtschaft mit ihren rund 300.000 Einwohnern ausnutzten. Im Extremfall kann der eher für seine Geysire bekannte Staat Schwankungen nur in einem vergleichsweise geringen Umfang abfedern.

Wie dramatisch die Lage ist, zeigte sich am Montag: Islands Ministerpräsident Geir H. Haarde hatte in einer Rede an die Nation gesagt, dass im schlimmsten Fall die Gefahr bestehe, dass die isländische Wirtschaft in den Strudel der Banken hineingezogen werde, was den nationalen Bankrott zur Folge haben könnte. Zugleich brachte er Notstandsgesetze im Parlament ein, die es der Regierung ermöglichen, die Kontrolle über sämtliche Banken des Landes zu übernehmen. Die sofort in Kraft getretenen Bestimmungen der Notstandsgesetze ermöglichen es der Regierung, Banken zu verstaatlichen, zu Zusammenschlüssen zwingen und Spitzenmanager auszuwechseln oder deren Vergütung zu begrenzen.

Nach der Rede hatte die Ratingagentur Standard & Poors die Bonitätsbewertung Islands zum zweiten Mal in dieser Woche gesenkt. Die Isländische Krone ist derzeit starken Schwankungen ausgesetzt.

(afp)
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