Insolventer Drogeriemarkt-König Anton Schlecker könnte schon 2018 schuldenfrei sein

Ehingen · Der frühere Eigentümer der Drogeriemarktkette, die 2012 in die Pleite stürzte, wird am Dienstag 70. Vom Handels-Imperium sind nur zwei Regionallager geblieben - und die Firmenzentrale, in der eine Familienfirma als Mieter residiert.

 Anton Schlecker könnte 2018 wieder anfangen, Geld zu verdienen.

Anton Schlecker könnte 2018 wieder anfangen, Geld zu verdienen.

Foto: dapd, Matthias Kessler/SWP Ulm

Zum 70. Geburtstag des Vaters trifft die Familie wieder zusammen. Die Tochter kommt aus London, der Sohn reist angeblich mit Ehefrau aus Berlin an. Ob eine große Feier stattfindet, ist nicht bekannt. Vielleicht eher eine Zeremonie in kleinerem Rahmen. Partystimmung ist am Ammerweg in Ehingen wohl nicht angesagt. Zu tief nagt die Vergangenheit an Anton Schlecker, dem Jubilar, der am Dienstag 70 Jahre alt wird.

Schleckers Name steht immer noch für eine der spektakulärsten Pleiten der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. Für den Mann, der angeblich seine Mitarbeiter von Vorgesetzten bespitzeln ließ; der vorbestraft ist, weil er Beschäftigten vorgaukelte, sie würden nach Tarif bezahlt, obwohl der Lohn deutlich niedriger ausfiel; dessen Beschäftigte angeblich mit ihrem Handy dienstlich telefonieren mussten, weil die Apparate in den Zweigstellen gesperrt gewesen sein sollen. Den seine Belegschaft höchstens mal bei irgendwelchen Kontrollvisiten zu Gesicht bekam.

Zweidreiviertel Jahre liegt der Sturz des einstigen Drogeriemarkt-Königs nun zurück, aber vergessen ist er nicht. "Die Schlikkerfrauen" und "Alles muss raus - eine Familie rechnet ab" hießen jüngst die Titel zweier Fernsehfilme, die sich mit dem einstigen Star der Drogeriemarkt-Branche beschäftigten.

Vom Imperium ist nichts mehr geblieben

Als Schlecker im Januar 2012 Insolvenz anmeldete, kollabierte ein Konzern, der in seinen besten Zeiten mehr als 50.000 Mitarbeiter in 14.000 Filialen beschäftigte und sieben Milliarden Euro umsetzte. Von diesem Handelsimperium ist nichts mehr geblieben. Zwei Regionallager gibt es noch, eins in Grevenbroich und eins im brandenburgischen Luckau. Beide stehen zum Verkauf, genauso wie die Firmenzentrale, in der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz Einzelbüros vermietet hat.

Einer dieser Mieter ist die CML Schlecker Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG. CML steht allem Anschein nach für die Vornamen Christa, Meike und Lars - Ehefrau und zwei Kinder des Anton Schlecker. Welche Immobiliendeals die Gesellschaft macht, ist nicht bekannt. Aber Eingeweihte versichern glaubhaft, dass das Ehepaar Schlecker jeden Tag im Büro ist und dort einer Beschäftigung nachgeht. Hin und wieder läuft Herr Schlecker dann vermutlich auch einem früheren Bediensteten über den Weg, von denen noch knapp 30 im Auftrag des Insolvenzverwalters Aufräumarbeiten aus der Schlecker-Pleite erledigen. Sie schreiben noch Zeugnisse für frühere Mitarbeiter, schreiben Abrechnungen oder erledigen andere Verwaltungsarbeiten.

Vermutlich schwillt einigen der Hals beim Anblick ihres ehemaligen Dienstherrn. Sie verlieren ihren Job, sobald die Liquidation der Anton Schlecker GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) abgeschlossen ist. Das kann im nächsten, vielleicht auch erst im übernächsten Jahr der Fall sein. Dann verlieren sie ihren Job, wie Tausende vor ihnen. Als die Bundesagentur für Arbeit ein Jahr nach dem Insolvenzantrag ihr sogenanntes Monitoring einstellte, waren noch mehr als 10.000 Schlecker-Beschäftigte ohne Job.

Ist Anton Schlecker 2018 ohne Schulden?

Anton Schlecker dagegen kann schon 2018 schuldenfrei sein. Denn die Laufzeit des gesamten Verfahrens vom Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Restschuldbefreiung beträgt nach deutschem Recht sechs Jahre. Zwei sind schon um. In vier Jahren wäre Anton Schlecker 74 und dürfte wieder Geld verdienen, was heute nicht möglich ist. Deshalb darf besagte Immobilienfirma auch nicht auf den Namen des einstigen Patriarchen im Handelsregister eingetragen sein.

Geld hatte Schlecker einst im Überfluss. Er liebte schnelle Sportwagen, von denen er einige in seiner Garage gehabt haben soll, und er trug Versace-Hemden. Viel mehr Indizien auf öffentliches Zur-Schau-Stellen seines Wohlstands gab es kaum. "Anton Schlecker war schon zu guten Zeiten geizig, auch bei seiner Familie", sagt ein Insider. Und er war öffentlichkeitsscheu, geprägt vom Trauma der Entführung seiner beiden Kinder, die 1987 - damals 16 und 14 Jahre - für 24 Stunden in der Hand von Kidnappern waren, ehe sie gegen Zahlung von knapp zehn Millionen Mark freigelassen wurden. Schlecker soll es in den Verhandlungen mit den Kidnappern sogar gelungen sein, die Lösegeld-Forderung zu drücken.

Die Anekdote, so makaber sie wirken mag, passt zu Anton Schleckers Maxime: nie mehr ausgeben als nötig. Das galt dann auch für die Filialen, in denen der Modernisierungsbedarf so offenkundig war, dass die Kunden irgendwann in Scharen die Flucht ergriffen und lieber zur Konkurrenz gingen. Als Schlecker das begriff, war es längst zu spät für seine Firma. "Sein Lebenswerk ist zerstört worden", sagt ein Insider. Das klingt ein bisschen wie Mitleid. Kann man haben - wenn man nicht selbst für Schlecker gearbeitet hat.

(RP)
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