Tennis Debütant Pütz überrascht in Wimbledon

London · Am Monatsanfang spielte der Frankfurter beim Turnier in Halle/Westfalen erstmals auf Rasen. Nach seinem Sieg gegen den Russen Gabaschwili hat der Nummer 251 der Tennis-Weltrangliste bereits 53.000 Euro sicher.

Tennis: Debütant Pütz überrascht in Wimbledon
Foto: Facebook

Der Titelverteidiger hatte die Richtung vorgegeben, der Grand-Slam-Debütant folgte gehorsam. Wenige Stunden nachdem Wimbledon-Champion Andy Murray (Schottland) den Saisonhöhepunkt im Rasen-Mekka offiziell eröffnet hatte, überraschte Qualifikant Tim Pütz sich und große Teile der Tennis-Welt. Bei seinem ersten Match im Hauptfeld eines der vier Majors (noch Melbourne, Paris, New York) gewann der Frankfurter gegen Teimuras Gabaschwili aus Russland und Nummer 62 der Weltrangliste, mit 2:6, 6:4, 6:2, 6:2.

Pütz (26), in der Weltrangliste auf Position 251 geführt und bisher auf der Profi-Tour (ATP) noch nie in Erscheinung getreten, sorgte für den ersten deutschen Sieg am ersten Tag der 128. Championships. Für den zweiten Sieg zeichnete Mona Barthel verantwortlich, die Romina Oprandi (Schweiz) 7:5, 6:0 bezwang.

"Vorletzte Woche in Halle stand ich das erste Mal auf Rasen", erzählte Pütz. Damals, in Ostwestfalen, war in der ersten Qualifikationsrunde Schluss. In London feierte er auf dem Weg in die Hauptrunde drei Siege in Folge - und legte nun noch einen nach. In Halle durfte er aber noch mit einem prominenten Kollegen spielen. Rasenkönig Roger Feder (Schweiz), siebenmal in Wimbledon erfolgreich, suchte einen Trainingspartner.

"Eine tolle Erfahrung", sagte der Mann aus Frankfurt-Kalbach. In Wimbledon unterstützen ihn einige Spieler von Eintracht Frankfurt, mit denen er bis 2013 in der Hessenliga und Regionalliga spielte, als Fans. Aufschlag und Return sind die besten Schläge des Hessen. "Mein Spiel ist risikoreich, und an schlechten Tagen kann man schon mal meinen, ich wäre wahnsinnig. Hoffentlich überwiegt kommende Woche das Genie in mir", sagte Pütz vor Turnierstart der "FAZ".

Nun hat er bereits 53 000 Euro Preisgeld sicher - beinahe so viel, wie er in seiner gesamten Karriere verdient hat (60 000). Seit eineinhalb Jahren ist der Student erst Profi und hat seinen Masterabschluss in Volkswirtschaft dafür vorerst auf Eis gelegt. "Anfangs hatte ich Zweifel, ob es mir überhaupt Spaß macht. Heute sage ich: Es war eine super Entscheidung." Im vergangenen Jahr hatte er bei den US Open erstmals versucht, in die Runde der letzten 128 eines Grand-Slams-Turnier zu kommen. Doch wie im Mai bei den French Open in Paris überstand Pütz die Qualifikation nicht.

"Es wirkt ein etwas unreal, hier zu sein. Ich habe als Kind vor dem Fernseher gesessen und Wimbledon geguckt", erzählte Pütz. Sein Gegner in der zweiten Runde ist der an Nummer 16 gesetzte Italiener Fabio Fognini. Seinen ersten Eindruck über Rasentennis beschrieb "GoldenSetTim", wie Pütz sich bei Twitter nennt, folgendermaßen: "Es ist schon ein bisschen langweilig. Aber es liegt mir."

In der zweiten Runde stehen auch Benjamin becker (Orscholz) und auch Mona Barthel. Die 23-Jährige aus Neumünster setzte sich mit 7:5, 6:0 gegen die Schweizerin Romina Oprandi durch. Nun wartet aber eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Morgen geht es gegen Petra Kvitova. Die Tschechin gewann 2011 das Finale von Wimbledon. Becker setzet sich gegen Donald Young (USA) mit 6:4, 6:3, 6:4 durch. Ausgeschieden sind dagegen Fed-Cup-Spielerin Julia Görges (Bad Oldesloe), Wimbledon-Debütantin Anna-Lena Friedsam (Neuwied) und Tobias Kamke (Lübeck). Publikumsliebling Dustin Brown (Winsen/Aller) verlor gegen Marcos Baghdatis (Zypern), den Finalisten der Australian Open 2006, mit 4:6, 5:7, 6:2, 6:7 (4:7). "Ich kann mir nicht viel vorwerfen", sagte Brown, der 2013 in Wimbledon die dritte Runde erreicht und zuletzt beim Vorbereitungsturnier im westfälischen Halle Branchenführer Rafael Nadal geschlagen hatte. Im vierten Satz vergab Brown eine 5:2-Führung: "Natürlich hätte ich gerne einen fünften Satz gespielt und glaube auch, dass ich da gute Chancen gehabt hätte."

Andy Murray war froh, die Rückkehr auf den Center Court problemlos gemeistert zu haben. 351 Tage nach seinem Triumph, dem ersten britischen Erfolg in Wimbledon seit 77 Jahren, gewann Murray gegen den Belgier David Goffin mit 6:1, 6:4, 7:5. "Ich war richtig nervös vor dem Match", sagte der 27-Jährige.

Seit dem emotionalen Sieg im Sommer 2013 hatte Murray kein Turnier auf der ATP-Tour mehr gewonnen hat. Von der Tribüne klatschte Trainerin Amelie Mauresmo (Frankreich) Beifall, in der Royal Box atmeten Murrays Großeltern auf. Ihr Enkel ist rechtzeitig wieder in Form gekommen und könnte das schaffen, was Fred Perry vor 78 Jahren als letztem Briten glückte - seinen Titel im All England Club erfolgreich zu verteidigen.

(SID)
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