Gegenpressing Deshalb ist Jogi Löw ein großer Trainer

Seine Kritiker behaupten: Mit den Spielern wären wir auch so erfolgreich. Diesen Vorwurf müssten sie Hennes Weisweiler, Helmut Schön und Pep Guardiola ebenfalls machen.

RP-Sportchef Robert Peters.

RP-Sportchef Robert Peters.

Foto: Peters

Zwölf Jahre ist Joachim Löw nun schon beim DFB, seit zehn Jahren ist er Bundestrainer, er wird das mindestens noch zwei Jahre bleiben - bis zur Weltmeisterschaft in Russland. Das sind Werte ganz in der Nähe der sportlichen Ewigkeit. Und vielleicht dauert das alles noch viel länger, obwohl Löw gerade mal laut über eine Zukunft jenseits der Beschäftigung im deutschen Verband nachgedacht hat. Ihm mache "die Arbeit auf dem Platz schon auch Spaß", hat er gesagt. Deshalb könne ihn das Ausland und hier ein Job bei einem Verein "zu gegebener Zeit reizen, klar". Schließlich gebe es da ja auch ein paar Angebote.

Das musste mal gesagt werden. Und was Löw damit eigentlich sagen will, ist: Im Ausland wird meine Arbeit anerkannt. Außerhalb der Landesgrenzen gilt der Mann aus dem Schwarzwald längst als großer Trainer. Hierzulande gibt es immer noch seltsame Zweifler. Sie müssen zwar einräumen, dass der Bundes-Jogi seine Auswahlmannschaften bei allen großen Turnieren mindestens bis ins Halbfinale geführt hat. Das lässt sich nun mal nicht bestreiten. Sie stimmen aber gern in den Chor der Stammtisch-Experten ein, die da singen: "Mit diesen Spielern hätte ich das auch geschafft."

Das heißt: Es reicht völlig aus, am Spielfeldrand gut angezogen herumzustehen, in den Pressekonferenzen und vor den Kameras eine nette Figur abzugeben und den sportlichen Ruhm, für den die Spieler verantwortlich sind, anschließend in Werbespots für Nivea zu versilbern. Und das ist absoluter Blödsinn.

Wenn die Argumentation auch nur einigermaßen stichhaltig wäre, dass gute Trainer nur die sind, die mit schlechten Spielern Erfolge feiern, dann war Helmut Schön ein schlechter oder zumindest kein guter Trainer, denn er hatte Franz Beckenbauer, Sepp Maier, Gerd Müller und Wolfgang Overath. Dann war und ist Pep Guardiola ein überflüssiger Clown an der Seitenlinie, denn er hatte beim FC Barcelona Lionel Messi, Andres Iniesta und Xavi, beim FC Bayern München Manuel Neuer, Philipp Lahm und Robert Lewandowski. Dann war Brasiliens 1958er-Weltmeistertrainer Vicente Feola vollkommen überflüssig, denn er hatte Mario Zagallo, Pelé und Garrincha. Dann hätte Hennes Weisweiler ruhig weiter Skat spielen können in seiner Kölner Stammkneipe, statt sich in Mönchengladbach auf die Bank zu setzen, denn er hatte Berti Vogts, Jupp Heynckes und Günter Netzer. Die Reihe lässt sich beliebig fortsetzen.

Deshalb hier wieder mal für alle, die es immer noch nicht wahrhaben wollen: Löw ist ein großer Trainer, weil er seit zwölf Jahren, zwei davon als sportliches Gehirn hinter dem perfekten Öffentlichkeitsarbeiter Jürgen Klinsmann, immer wieder große Mannschaften formt. Dass er das ohne große Einzelspieler nicht vermocht hätte, ist eine Binsenweisheit. Das macht seine Leistung aber nicht geringer.

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(RP)
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