Nach Rot im WM-Finale Provokation gegen Zidane: Materazzi lüftet Geheimnis

Mailand (RP). Darauf hat die Fußball-Welt gewartet. Der Italiener Marco Materazzi hat das Geheimnis um die Sekunden vor dem Kopfstoß von Zinedine Zidane im WM-Finale von Berlin endlich gelüftet. Fast zwei Monate nach dem Endspiel sprach der Italiener nun erstmals über die Provokation, die Zidanes Ausraster vorausging.

 Zinedine Zidane hatte Marco Materazzi den Kopf in den Bauch gerammt.

Zinedine Zidane hatte Marco Materazzi den Kopf in den Bauch gerammt.

Foto: AFP, ddp

"Ich habe an seinem Trikot gezogen. Da hat er gesagt, wenn ich sein Trikot unbedingt haben wolle, könne ich es ja nach dem Abpfiff haben. Ich habe darauf geantwortet, dass mir seine Schwester lieber wäre", erklärte Materazzi in der Sport-Tageszeitung Gazzetta dello Sport.

Zidane, der nach dem Angriff auf Materazzi in der Verlängerung des Feldes verwiesen worden war, hatte stets betont, dessen Äußerung habe sich in beleidigender Art und Weise gegen seine Schwester und Mutter gerichtet. Inter-Verteidiger Materazzi sieht jedoch in seinem Verhalten nach wie vor keinen Grund für Zidanes Kopfstoß. "Ich habe das nicht verursacht, ich wollte mich nur verbal verteidigen", sagte Materazzi, der deshalb nach wie vor eine Entschuldigung einfordert.

Im Nachhinein waren beide Spieler mit einer Sperre belegt worden. Materazzi wurde für zwei Spiele aus dem Verkehr gezogen und fehlt daher bei der Finalrevanche in der EM-Qualifikation in Paris am Mittwoch, "Zizou" wurde mit drei Spielen belegt. Die Sperre des Franzosen ist aber hinfällig, da er bereits vor der WM angekündigt hatte, seine Karriere in der Equipe Tricolore zu beenden.

"Warum sollten wir keinen Frieden schließen?"

Trotz des Vorfalls würde sich Materazzi mit Zidane an einen Tisch setzen. "Man schließt Frieden nach verheerenden Kriegen, warum sollten wir keinen Frieden schließen? Meine Haustüre ist immer offen. Wenn er will, kann er jederzeit zu mir kommen", erklärte der Italiener.

Der Spielplan in der EM-Qualifikation will es so, dass sich die beiden großen Rivalen bereits am zweiten Spieltag der Gruppe B wiedersehen. Für Frankreich bietet sich damit die Möglichkeit, sich für das verlorene WM-Finale zu revanchieren, wobei ein Sieg für die Equipe Tricolore nur ein schwacher Trost wäre.

"Keiner von uns wird das Finale jemals vergessen. Doch auch wenn wir am Mittwoch gewinnen, wird uns das kaum den WM-Titel zurückbringen", meinte der 122-malige Nationalspieler Lilian Thuram und Henry ergänzte: "Das ist keine Revanche. Italien setzt doch nicht seinen WM-Titel aufs Spiel. Es ist ein neuer Wettkampf. Es geht darum, drei Punkte in dieser schwierigen Gruppe zu holen."

Neuauflage des WM-Finals

Doch wenn am Mittwoch um 21.00 Uhr im Pariser Vorort St. Denis das achte Duell zwischen Frankreich und Italien steigt, werden die Erinnerungen an den 9. Juli 2006 zwangsläufig wieder hochkommen. Erinnerungen an den Elfmeterkrimi, den Fabio Grosso zugunsten der Italiener entschied. Erinnerungen aber auch an den üblen Kopfstoß des inzwischen zurückgetretenen Superstars Zidane gegen Provokateur Materazzi. Der Fußball-Weltverband FIFA sperrte beide im Nachhinein: Materazzi für zwei Partien, Zidane für drei.

Frankreich scheint inzwischen die Rückkehr zur Normalität schnell geschafft zu haben. Dem Sieg im unbedeutenden Pflichtspiel gegen Bosnien (2:1) folgte am vergangenen Samstag ein souveräner 3: 0-Auftakterfolg in der EM-Qualifikation in Georgien. Das wieder eingeführte 4-4-2-System hat die Elf von Trainer Raymond Domenech nach dem Karriereende von Zidane problemlos gemeistert. Lediglich die Verletzungen von Claude Makelele und Louis Saha bereiten ein wenig Sorgen.

Anders dagegen die Italiener, die beim 1:1 gegen Außenseiter Litauen "auf die Erde zurückgeholt wurden" (Gazzetta dello Sport). Schlussmann Gianluigi Buffon wollte aber von fehlender Motivation nichts wissen. "Wir spüren eine große Verantwortung und hatten in diesem Spiel einfach nur Pech", sagte der frühere Welttorhüter und sieht die EM-Teilnahme noch nicht in Gefahr: "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das erste Spiel in der Endabrechnung keine große Relevanz besaß."

Geleitet wird die Partie übrigens vom deutschen Schiedsrichter Herbert Fandel (Kyllburg). "Das ist eine große Ehre für mich", sagte der 42-Jährige, der für die WM nicht nominiert worden war. Angst habe er vor der brisanten Partie keine, wie er im kicker berichtet: "Ich habe mich noch nie vor einem Spiel gefürchtet. Ich bin seit 27 Jahren Schiedsrichter, seit 1989 im Profifußball. Da gibt's keine Bange."

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