Hamburger SV Boss Hoffmann auf der Kippe

Hamburg (RPO). Sportlich läuft es für den Hamburger SV derzeit rund: Kurz vor Halbzeit der Saison ist HSV noch in allen Pokal-Wettbewerben vertreten und rangiert in der Bundesliga unter den ersten Drei. Auch wirtschaftlich könnte der Bundesliga-Dino kaum besser stehen. Gerade erst wurde ein neuer Rekordumsatz vermeldet. Dies scheint dem Hamburger Aufsichtsrat allerdings nicht zu reichen.

 HSV-Chef Bernd Hoffmann bei der Mitgliederversammlung.

HSV-Chef Bernd Hoffmann bei der Mitgliederversammlung.

Foto: AP, AP

Einige Persönlichkeiten aus dem elfköpfigen Rat wollen den Vertrag von Vorstandsboss Bernd Hoffmann offenbar nicht verlängern und könnten die Hanseaten mit ihrem Veto in der entscheidenden Sitzung am Montag in eine hausgemachte tiefe Krise stürzen.

"Ich nehme das zur Kenntnis und mache mir meine Gedanken", sagte Hoffmann, nachdem am vergangenen Dienstag ein erster Versuch, den am 31. Dezember 2008 auslaufenden Kontrakt bis 2011 zu verlängern, im Kontollgremium gescheitert war. Man brauche noch Zeit und wolle den selbstgesteckten Zeitplan nicht unterwandern. Hoffmann dürfte ähnlich erstaunt zurückgelassen worden sein wie so mancher Betrachter.

In der Bundesliga liegt der HSV auf dem dritten Tabellenplatz, im DFB-Pokal ist man auch im neuen Jahr noch vertreten, im Uefa-Cup hat man schon vor dem abschließenden Spiel gegen den FC Basel am kommenden Donnerstag die Zwischenrunde erreicht. 139,7 Millionen Euro setzten die Hamburger im vergangenen Geschäftsjahr um und verbuchten zum vierten Mal in Folge ein positives Ergebnis. Selbst das Krisenmanagement nach der verkorksten Vorrunde der vergangenen Saison meisterte Hoffmann, der im Februar 2003 vom Vermarkter Sportfive zum HSV gekommen war, mit Bravour.

"Ich bin eindeutig für die Fortsetzung der Zusammenarbeit und sehe keinen Grund, warum ein Vorstand, der in den vergangenen Jahren erfolgreich und erstklassig gearbeitet hat, dies nicht auch in Zukunft tun sollte. Die Zahlen sprechen für sich", meinte Chef-Kontrolleur und Hoffmann-Fürsprecher Horst Becker: "Ich bin davon überzeugt, dass es eine Abstimmung für Hoffmann geben wird."

Doch mindestenes drei seiner Kollegen scheinen die Situation anders zu bewerten. Der ehemalige HSV-Präsident Jürgen Hunke sowie Axel Formeseyn und Henning Trolsen als Delegierte der Fan-Vereinigung Supporters Club stehen Hoffmann kritisch gegenüber. Vier weitere Kontrolleure sollen noch unentschlossen sein. Würde sich nur einer dieser "Wackelkandidaten" gegen Hoffmann und das ebenfalls bis Ende 2008 gebundene Vorstandsmitglied Katja Kraus aussprechen, würde die für die Vertragsverlängerung bis 2011 erforderliche Zweidrittel-Mehrheit nicht zu Stande kommen.

"Es geht um die Zukunft"

"Bei einem neuen Vertrag geht es nicht nur um die Vergangenheit, auch wenn es da gute Ergebnisse gegeben hat. Jetzt geht es um die Zukunft. Und da muss man sich schlicht und einfach fragen, wer der richtige Mann, das richtige Team ist", sagte Hunke in der Hamburger Morgenpost.

Die beiden Fan-Vertreter gelten derweil als Traditionalisten. "Ich bin jederzeit bereit, auf teure Spieler zu verzichten, wenn wir dafür Hamburger Nachwuchs bekommen. Dafür würde ich auch eine Klasse tiefer spielen", meinte Trolsen. Eine Haltung, die selbst im Supporters Club auf Ablehnung stößt. Von einigen Mitgliedern wurden Trolsen und Formeseyn bereits per Unterschriftensammlung im Internet zu einem Rückzug aus dem Aufsichtrat aufgefordert.

Auch die sportliche Führung reagierte mit Unverständnis auf das Possenspiel um ihren Chef. "Das ganze Thema ist lächerlich. Hier ist soviel geleistet worden. Diejenigen, die jetzt Verantwortung tragen, haben sehr gute Arbeit abgeliefert", sagte Stevens, und Sportchef Dietmar Beiersdorfer ergänzte: "Es wurde in der jetzigen Konstellation viel bewegt, der Verein hat sich positiv entwickelt."

Auch Rafael van der Vaart schlägt sich die Seite Hoffmanns, obwohl der ihm im Sommer den Weg zum FC Valencia versperrte. "Natürlich ist das auch bei uns in der Kabine Thema. Schließlich zählt Herr Hoffmann zu unserem Team", erklärte der Mannschaftskapitän dem Hamburger Abendblatt.

Sollte Hoffmanns Vertrag nicht verlängert werden, fiele ein gehöriges Stück Planungssicherheit weg. Auch die Suche nach einem Nachfolger für Coach Stevens, der zur kommenden Saison vor allem aus privaten Gründen zum niederländischen Meister PSV Eindhoven wechselt, könnte sich ungleich schwieriger gestalten. Drohende Führungslosigkeit ist bei einer Stellenausschreibung kein gutes Lockmittel für hochkarätige Bewerber.

(sid)
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