Champions League Schalke sammelt Argumente gegen Boateng

Madrid/Düsseldorf · Auch beim 4:3-Erfolg bei Real Madrid beweist Nachwuchsmann Max Meyer seinen Wert fürs Team. Bei ihrem Ausscheiden aus der Champions League gingen die Schalker erhobenen Hauptes.

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Real Madrid - FC Schalke 04

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Noch am Flughafen von Madrid durfte sich die Schalker Delegation von ihren Fans feiern lassen. Freundlicher Applaus begleitete die Spieler auf ihrem Weg zum Flugzeug. Überglücklich waren sie trotzdem nicht. "Am Ende hat ein Tor gefehlt. Deswegen herrscht eine Mischung aus Enttäuschung und Stolz", sagte Manager Horst Heldt. Mit 4:3 hatte der krasse Außenseiter beim großen Real gewonnen, ein weiteres, in der Schlussphase durchaus mögliches Tor hätte Schalke ins Viertelfinale der Champions League gebracht. "Wir waren nicht unglücklich, als das Spiel vorbei war", erklärte Reals deutscher Star Toni Kroos.

Niemand hatte mit einem derartigen Ausgang gerechnet. Die spanische Sportzeitung "As" fasste sehr passend zusammen: "Die Wahrscheinlichkeit, dass Real Madrid gegen Schalke ausscheiden würde, war ungefähr so groß wie die Gefahr, von einem herabstürzenden Klavier erschlagen zu werden. Und doch wäre es beinahe passiert."

Real rutschte nicht nur auf der Pomade der eigenen Überheblichkeit aus. Der Titelverteidiger hatte es auch mit einem im Vergleich zum Hinspiel fußballerisch runderneuerten Gegner zu tun. Und das lag an einem einzigen Wechsel. Trainer Roberto Di Matteo brachte wie schon im Bundesligaspiel gegen Hoffenheim Max Meyer als zentralen Mittelfeldspieler. Der 19-Jährige ersetzte wiederum Kevin-Prince Boateng (28), der diesmal wegen einer Verwarnungssperre fehlte. Gegen Hoffenheim hatte der Ghanaer auf der Ersatzbank gesessen.

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Sane trifft beim Debüt in der Königsklasse

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Gespielt hat Boateng zuletzt beim Revierderby Ende Februar in Dortmund. Es war nicht nur für den Schalker Anhang eine denkwürdige Begegnung, sondern auch für den Mann, der drei Jahre lang beim AC Mailand eine prägende Größe war und in anderthalb Jahren bei Schalke oft wie eine schlechte Kopie seiner selbst wirkt. 0:3 verloren die Knappen beim BVB, und Boateng wurde nach einer beeindruckend schwachen Leistung nach gut einer Stunde ausgewechselt. Vielleicht werden spätere Datensammler mal sagen, dass am 28. Februar 2015 um zehn vor fünf eine Karriere endete.

Zumindest beendete Di Matteo ein Missverständnis, dem er selbst erlegen war. Er hat an diesem Tag den Glauben an die große Klasse von Boateng verloren. Und er stellte seine auf Verhinderung angelegte Konzeption radikal um. Dazu musste er nicht mal die Grundordnung aufgeben. Er fand lediglich in Meyer jene Figur, die das Leben ins Schalker Spiel zurückbringt. Er fand einen aktiven Mittelfeldspieler, der zwischen den inzwischen so gern zitierten Linien herumwuselt, der sich und seiner Mannschaft Räume schafft, der Ideen gibt und Denkmöglichkeiten entwickelt, der das Spiel aus seiner Starrheit erlöst.

Meyer reißt mit seiner Spielweise die gesamte Schalker Mannschaft mit. Er führt sie buchstäblich nach vorn. Dadurch können die Außen in Di Matteos Fünfer-Abwehrkette ihre offensiven Qualitäten auf den Flügeln ausspielen. Dort ist zum Beispiel der Österreicher Christian Fuchs dreimal wirkungsvoller als in der Defensive, wo er zu verheerendem Stellungsspiel neigt.

Auch wenn der ganz große Wurf in Bernabeu nicht gelang, wird Schalke aus der Vorstellung von Madrid mächtig Auftrieb beziehen. Innerhalb von zehn Tagen hat sich Di Matteos Team von einem bedauernswerten Opfer des Dortmunder Powerfußballs zu einer ernstzunehmenden Größe entwickelt. "Im Fußball", sagte Di Matteos Real-Kollege Carlo Ancelotti, "ändern sich die Dinge sehr schnell." Ein weiser Mann.

(RP)
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