Ski-Unfall Schumacher wird aus dem Koma geholt

Grenoble · Rund einen Monat nach seinem Skiunfall haben die Ärzte die Aufwachphase des Ex-Formel-1-Weltmeisters eingeleitet. Dieser Prozess könne sehr lange dauern, betont seine Managerin. Prognosen über den Verlauf gibt es nicht.

Michael Schumacher wird aus dem Koma geholt
Foto: dpa, Jens Büttner

Es ist wohl eher eine Frage von Wochen als von Tagen, bis Michael Schumacher das Bewusstsein möglicherweise wiedererlangt. Prognosen abgeben über den durchaus heiklen Verlauf des Aufwachprozesses aus dem künstlichen Koma mag derzeit niemand. Fakt ist, dass die Ärzte in der Uni-Klinik von Grenoble, in der Schumacher seit seinem Ski-Unfall vom 29. Dezember behandelt wird, die Aufwachphase eingeleitet haben. "Michaels Narkosemittel werden seit kurzem reduziert, um ihn in einen Aufwachprozess zu überführen, der sehr lange dauern kann", bestätigte gestern Schumachers Managerin Sabine Kehm. Der 45-jährige Formel-1-Rekordweltmeister hatte sich bei seinem Sturz ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zugezogen und war von den Ärzten in ein künstliches Koma versetzt worden, um das Hirn zu entlasten. Zudem entfernten die Ärzte operativ ein Hämatom in der linken Hirnhälfte. Über weitere Behandlungen wurden in der Folgezeit keine offiziellen und bestätigten Informationen bekannt.

Wie lange ein Aufwachvorgang dauere, lasse sich pauschal nicht sagen, erklärt Jan Vesper, Leiter der Abteilung Funktionelle Neurochirurgie an der Uniklinik Düsseldorf. "Die Medikamente, die ein Koma hervorrufen, werden sehr langsam reduziert", sagt Vesper. Sinn des künstlichen Komas sei es, alle Hirnfunktionen sozusagen auf Sparflamme zu halten und etwa die Atmung sowie die Regulierung des Herz-Kreislauf-Systems auf Maschinen zu übertragen. Im Laufe des Aufwachens würden dem Hirn allmählich wieder Aufgaben zurückgegeben. "Dazu ist eine kontinuierliche Überwachung der Hirnfunktionen unerlässlich", sagt Vesper. An den Messwerten lasse sich ablesen, ob das Gehirn den Anforderungen gewachsen sei. Ist das nicht der Fall, könne das Koma wiederhergestellt werden. "Generell gilt: Je länger das Koma dauert, desto schwieriger ist insgesamt die Prognose."

Das Aufwachen eines Patienten, der im Koma gelegen hat, darf man sich allerdings nicht so vorstellen wie beispielsweise das Aufwachen aus einer Narkose. "In diesem oft wochenlangen Prozess erlangt der Patient erst das Bewusstsein, wenn alle sedierenden Medikamente abgesetzt sind", sagt Vesper. Von der Aufwachphase würden Patienten nichts mitbekommen, erläutert der ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Freiburg, Josef Zentner. "In der Regel ist die Erinnerungslücke so groß, dass sie auch das Unfallgeschehen miteinbezieht."

Allerdings besteht bei schweren Verletzungen durchaus nach dem Aufwachprozess die Gefahr eines Wachkomas, das heißt, der Patient befindet sich zwar nicht mehr im Tiefschlaf, ist aber weiterhin nicht ansprechbar. Ob bei einem Patienten möglicherweise bleibende Schäden vorliegen, lässt sich erst nach neurologischen Tests sagen. Potentiell ist ein Gehirn jedoch in der Lage, die Funktionen beschädigter Areale zu kompensieren — der Patient muss zwar beispielsweise motorische Fertigkeiten neu erlernen, ist aber danach wieder in der Lage, diese ohne Hilfe auszuführen. Dass Schumacher davon profitieren könnte, dass er in seiner Karriere stets Inbegriff des durchtrainierten Athleten war, hatte sein langjähriger Arzt Gérard Saillant nach dem Unfall zu verstehen gegeben. "Ein 70-Jähriger steckt so einen Unfall weniger gut weg als ein 45-Jähriger."

Wie die Ärzte bei Schumacher weiter vorgehen, wollen sie nicht kommunizieren. "Über Zwischenschritte werden wir keine Auskunft geben", teilte Managerin Kehm mit. Zudem bat Schumachers Familie darum, die Privatsphäre zu achten. Sie rief auch dazu auf, das Arztgeheimnis zu respektieren und "darum, die behandelnden Ärzte nicht in ihrer eigentlichen Arbeit zu stören. Gleichzeitig möchte sie sich nochmals ausdrücklich für die weltweite Anteilnahme bedanken."

Zunächst sei es nicht vorgesehen gewesen, die Öffentlichkeit über die Entwicklung zu informieren, erklärte Kehm. "Es war ursprünglich die Absprache zwischen allen Beteiligten, diese Information zum Schutz der Familie erst zu kommunizieren, wenn sich dieser Prozess konsolidiert hat." Französische Medien hatten aber unter Bezug auf einen der behandelnden Ärzte berichtet, dass der Aufwachprozess bei Schumacher eingeleitet worden sei.

(RP)
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