NRW-Verkehrsminister tritt zurück Schicht für Wittke

Düsseldorf (RP). Noch am Mittwochvormittag ahnte Oliver Wittke nicht, dass er seinen Posten als Verkehrsminister räumen würde. Doch dann sickerte durch, dass der Gelsenkirchener als Raser ein Wiederholungstäter ist. Der CDU-Politiker zog die Notbremse. Ein Stimmungsbericht aus dem Düsseldorfer Landtag.

Die Skandale von Oliver Wittke
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Foto: ddp

Die Abgeordneten der CDU können es nicht fassen. "Wir sind alle geschockt", sagt Stefan Berger (39) aus Schwalmtal unserer Redaktion. Vor wenigen Minuten hat sich die Nachricht vom Rücktritt des Verkehrsministers im Plenum verbreitet. Die 115. Sitzung des Landtags in dieser Wahlperiode — sie ist die letzte für Oliver Wittke auf der Regierungsbank.

Tatsächlich hatte bis zum Nachmittag nichts auf den Rücktritt des NRW-Verkehrsministers hingedeutet. Noch am Vormittag hatte er der Debatte um den Landeshaushalt 2009 beigewohnt. Mitunter arbeitete er währenddessen Akten auf oder blätterte in der Presseschau, in der die aktuellen Zeitungsartikel zusammengetragen sind. Wittke konnte, wie schon in den Tagen zuvor, wieder einmal jede Menge über sich und seine Raserei lesen.

Wittke war in der Klemme

Der CDU-Politiker war im November mit überhöhter Geschwindigkeit (Tempo 109 statt 50) geblitzt worden. Für zwei Monate wurde ihm der Führerschein abgenommen (paradox: am heutigen Donnerstag erhält er ihn zurück). Offenbar hatte Wittke bis zuletzt gehofft, den Vorfall verheimlichen zu können.

Doch in der vorigen Woche kam alles heraus. Wittke räumte auf einer Pressekonferenz, in der er eigentlich die Wohnungsbaupolitik erläutern wollte, seinen Fehler ein und gelobte Besserung. Die Oppositionsparteien SPD und Grüne gaben sich damit aber nicht zufrieden, sondern forderten Ministerpräsdident Jürgen Rüttgers auf, den Minister zu entlassen.

Wittke wusste, dass es am Mittwoch noch einmal unangenehm für ihn werden könnte. In einer für 17 Uhr angesetzten Fragestunde wollten ihn SPD und Grüne wegen der Raserei in die Zange nehmen. Wittke war in der Klemme: Denn vorher sickerte durch, dass er schon einmal den "Lappen" wegen zu schnellen Fahrens hatte abgeben müssen. Wittke bekam Wind von dem Plan der Opposition, dass er nun zum zweitenmal "enttarnt" werden sollte. Natürlich konnte er sich ausmalen, wie vernichtend dann das mediale Echo ausfallen würde. Wittke fasste den Entschluss zum Rückzug.

"Blitzkarriere"

Am Rande der Plenarsitzung ging der Verkehrsminister zu Rüttgers und teilte ihm seine Absicht mit. Rüttgers hatte Wittke erst am Wochenende verwarnt, weil er von dem jüngsten Führerschein-Entzug erst aus den Zeitungen erfahren hatte. So etwas kann Rüttgers überhaupt nicht leiden, und das hat er Wittke auch unmissverständlich zu verstehen gegeben. Noch mehr dürfe jetzt nicht passieren.

Als der Regierungschef vom Vorfall im Jahr 2000 erfuhr, dürften bei ihm alle Alarmglocken geschrillt haben. Ein Verkehrsminister mit einer solchen "Vorgeschichte" wäre für ihn bis zur Landtagswahl zu einer Dauerbelastung geworden. In dieser Situation war das Rücktrittsangebot des Wittkes das kleinere Übel, auch wenn die Spötter im Landtag sogleich ulkten, eine solche "Blitzkarriere" eines Ministers habe es noch nicht gegeben: "Gestern gerast und heute schon geflogen."

Wittke aber verließ umgehend den Landtag. Um 16.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Beginn der Fragestunde im Parlament, gab er in seinem Ministerium vor laufenden Kameras seinen Rücktritt bekannt.

Hoffungsträger der NRW-CDU

Obwohl sich die Landtagssitzung in den Abend hinein zog, gab es unter den Politikern nur noch ein Thema. An der miesen Stimmung in der CDU konnte auch das karnevalistische Treiben unten in der "Bürgerhalle" nichts ändern. Landtagspräsidentin Regina van Dinther (CDU) schunkelte pflichtgemäß mit Tollitäten aus dem ganzen Land, doch auch ihr dürfte der Rücktritt Wittkes die Stimmung verhagelt haben.

Der für sein forsches Auftreten bekannte Verkehrsminister war einer der Hoffungsträger der NRW-CDU. Er wurde immer wieder als möglicher Nachfolger von Jürgen Rüttgers genannt. Das Verhältnis zwischen den beiden war angespannt. In der Fraktion ist der Gelsenkirchener dagegen gut gelitten. Hobby-Jäger Wittke machte sich mit der Einführung des Lkw-Überholverbots auf zweispurigen Autobahnen, die Elefantenrennen verhindern sollen, einen Namen, undbeschleunigte viele Neubauprojekte. Sein Eintreten für die Zulassung von überlangen Lastwagen ("Giga-Liner") geriet jedoch zum Flop.

In der CDU-Führung geht man davon aus, dass Wittke sich jetzt auf die Parteiarbeit stürzt. Erst im Jahr 2007 rückte er als Nachfolger für den verstorbenen CDU-Abgeordneten Wolfgang Aßbrock in den Landtag nach. Jetzt wirkt das Mandat als Sicherheitsnetz nach dem Absturz. Wittke hatte immer gewitzelt, andere Minister hätten die Absicherung nötiger als er.

(RP)
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