Große Mängel bei Kleinkindbetreuung In Deutschland fehlen 275.000 Plätze

Frankfurt/Main (RPO). Die Kommunen stehen vor einer Herkules-Aufgabe beim Ausbau der Kleinkindbetreuung: Bis Mitte 2013 müssen sie nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes noch rund 275.000 Betreuungsplätze neu schaffen, um wenigstens die vereinbarte Quote von 35 Prozent eines Jahrgangs zu erreichen, wie die Behörde in Wiesbaden mitteilte.

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Foto: AP/Efrem Lukatsky

Für den gesetzlich festgeschriebenen Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder zwischen ein und drei Jahren, der ab 2013 gilt, müssten nach Einschätzung von Deutschem Städtetag und Städte- und Gemeindebund sogar noch deutlich mehr Plätze geschaffen werden, wie Vertreter beider Organisationen der AP sagten. Ohne zusätzliche Mittel von Bund und Ländern sei dies aber nicht zu schaffen.

Rund 275.000 zusätzliche Plätze in Krippen oder bei Tagesmüttern sind nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes nötig, um die beim "Krippengipfel" 2007 von Bund, Ländern, Gemeinden und Wohlfahrtsverbänden vereinbarte Betreuungsquote von 35 Prozent für Kinder unter drei Jahren zu erreichen. Derzeit gibt es den Angaben zufolge erst für jedes fünfte Kleinkind einen Betreuungsplatz, nämlich für 417.200 der 2,048 Millionen Kinder unter drei Jahren, entsprechend einer Quote von 20,4 Prozent. 2006 waren es erst 286.900 entsprechend einer Quote von 13,6 Prozent gewesen.

Städtetag sieht Ausbau unterfinanziert

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, sprach von einem "gewaltigen Ausbaubedarf" und fügte hinzu: "Ohne weitere Finanzhilfen werden es die Kommunen nicht bewältigen können, den Rechtsanspruch ab dem Jahr 2013 umzusetzen, so sehr sie sich auch anstrengen.

Bund und Länder müssen endlich erkennen, dass der Ausbau der Kinderbetreuung unterfinanziert ist." Weiter sagte Articus der AP, nach Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes würden für den Rechtsanspruch "noch weitaus mehr Plätze als 275.000 benötigt. Ein Szenario geht sogar von einem Bedarf von zusätzlichen 700.000 Plätzen aus."

"Die Kommunen haben in den vergangenen Jahren enorme Anstrengungen unternommen", sagte die Sprecherin des Städte- und Gemeindebunds, Ursula Krickl. "Bei der derzeitigen katastrophalen Haushaltslage wird es sehr sehr schwer werden, das Ausbautempo beizubehalten". Besonders macht den Städten und Gemeinden der gesetzlich vorgeschriebene Betreuungsanspruch ab dem ersten Lebensjahr zum Kindergartenjahr 2013/2014 zu schaffen.

"Die Erfahrungen zeigen, dass eine Betreuungsquote von 35 Prozent nicht ausreicht, um den Rechtsanspruch zu realisieren", betonte Krickl. Die notwendigen Mittel für einen weitergehenden Ausbau seien aber nicht bereitgestellt worden. Sollte es dabei bleiben, müsse noch einmal darüber diskutiert werden, ob der Rechtsanspruch nicht erst später gültig werde.

Neue Plätze ausschließlich im Westen nötig

Grundlage der Vorausberechnung ist laut Bundesamt die Annahme, dass die Geburtenziffer von 1,4 Kindern je Frau konstant bleibt und dann bis zum Jahresende 2012 insgesamt 1,98 Millionen Kinder unter drei Jahren in Deutschland leben. Ein Angebot für bundesweit 35 Prozent der Kinder würde demnach erfordern, dass rund 692.000 Plätze vorgehalten werden und damit rund 275.000 mehr als 2009. Pro Jahr müssen danach im Durchschnitt rund 69.000 neue Plätze geschaffen werden. Für die folgenden Jahre bis einschließlich 2020 rechnet das Bundesamt mit einer nahezu gleichbleibenden Geburtenzahl.

Da es in den ostdeutschen Bundesländern bereits eine überdurchschnittliche Betreuungsquote von 46 Prozent gibt, sind die neuen Plätze den Angaben zufolge rechnerisch ausschließlich in den westdeutschen Bundesländern zu schaffen.

(AP/csi)
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