Ethnologe "Krimiflut ist Reaktion auf Globalisierung"

Halle · Vom "Tatort" bis zu "Navy CIS": Der Ethnologe Thomas Hauschild sieht in der Krimi-Flut im Fernsehen eine Reaktion der Gesellschaft auf die Unübersichtlichkeit in der globalisierten Welt.

Die neue Generation der "Tatort"-Kommissare
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Die Menschen wollten nicht in der globalisierten Postmoderne leben, sagte der Wissenschaftler aus Halle an der Saale am Montag im Deutschlandradio Kultur.

Stattdessen arbeiteten sie dagegen an und wollten wenigstens "für einen Ort, für eine Leiche, für einen Bösewicht, für einen zwielichtigen Kommissar ganz genau wissen, was los ist" und "bei einer Sache noch richtig durchblicken".

Es gebe keine Krimis, die global seien - die Tat finde immer an einem ganz bestimmten Ort statt, und dort werde sie auch aufgeklärt.

Das Zeitalter der Postmoderne sei offensichtlich vorbei, sagte Hauschild. "Die Leute suchen wieder nach Orientierung." Zugleich könne man mit dem Gucken von Krimis aggressive Spannungen abbauen. Krimis seien ein Anzeiger des gesellschaftlichen Gewaltpegels und beruhigten diesen zugleich ein wenig.

Die Rituale des Spannungsabbaus in Deutschland hätten aber ein Doppelgesicht, sagte Hauschild.

Wenn der Gewaltpegel in der Gesellschaft steige, würden die Rituale immer wichtiger - und irgendwann könne dies "kippen" und im Fernsehen betrachtete Gewalt auch zum Auslöser und Vorbild für reale Gewalt werden. Davon sei die deutsche Gesellschaft aber im Moment noch weit entfernt.

(dpa)
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