Festnahme-Flop am Kölner Flughafen Pannen in der Terrorfahndung

Düsseldorf/Köln (RP). Ende September nahm das LKA zwei Terror-Verdächtige am Flughafen Köln fest. Die Männer sind jedoch wieder auf freiem Fuß, weil die Beweise nicht ausreichen. Wer ist für den Flop verantwortlich? Jetzt verlangt die Opposition Aufklärung in einer Sondersitzung des Innenausschusses.

 Ein Sprecher des LKAs bestätigte gegenüber dem Sender n-tv die Festnahme zweier Terrorverdächtiger.

Ein Sprecher des LKAs bestätigte gegenüber dem Sender n-tv die Festnahme zweier Terrorverdächtiger.

Foto: screenshot n-tv

KLM-Flug 1804 soll um 7.05 Uhr starten. Doch kurz vor dem Abflug von Köln nach Amsterdam wird der Fokker 50 die Starterlaubnis entzogen. Fahnder des Landeskriminalamts betreten die Maschine und nehmen zwei junge Muslime fest. Ein gelungener Coup gegen al-Qaida, jubeln die Ermittler. Die Verdächtigen, so heißt es, hätten als Selbstmordattentäter im Heiligen Krieg sterben wollen.

Abdirazak B. (24) und Omar D. (23) stammen beide aus Somalia. Sie kleiden sich modern, mit weiten Hosen und Poloshirts. Als die Ermittler sie festnehmen, sehen sie eher aus wie Hip-Hopper als wie Mullahs. Aber die beiden gehören einem Freundeskreis an, der streng gläubig ist. Der Verfassungsschutz hat die Muslime im Visier. Als Abdirazak B. und Omar D. morgens zum Flughafen fahren, folgt ihnen ein Wagen der Staatsschützer.

Ominöser Brief

Der Verfassungsschutz will sich an die Fersen der Verdächtigen heften. Sie glauben, so an Informationen zu gelangen, wie Muslime aus Westeuropa in pakistanische Terrorlager eingeschleust werden. Doch aus dem Plan wird nichts.

Im Gepäck von Omar D. wird ein Brief gefunden. Den hatte die junge Verlobte des 23-Jährigen geschrieben. Das achtseitige Schreiben ist schwülstig formuliert und enthält zahlreiche Koranverse. Darin ist vom "Abschied" die Rede, und vom Gefilde der Seligen. Jetzt sieht das Landeskriminalamt Gefahr im Verzug. Wollen sich die Passagiere in die Luft sprengen ? Darauf hatten auch verdächtige SMS-Nachrichten hingedeutet. Vorsichtshalber stoppen sie die Maschine auf dem Rollfeld.

Verdacht lässt sich nicht erhärten

Wenige Stunden nach der Festnahme verfliegt die gute Laune der Ermittler. Die Karlsruher Generalbundesanwaltschaft lehnt es ab, die Ermittlungen zu übernehmen. Bundesanwalt Walter Hemberger stellt in einem internen Vermerk fest, er könne keinen Verdacht für eine Straftat erkennen. Nach zehn Tagen Untersuchungshaft werden Abdirazak B. und Omar D. frei gelassen.

Mitarbeiter aus Bundesbehörden werfen den Düsseldorfer Ermittlern vor, sie hätten "völlig übereilt" und "kontraproduktiv" gehandelt. Die frühzeitige Verhaftung habe die geplante Observierung verhindert. Wusste das LKA nichts von den Plänen des Verfassungsschutzes ?

Wie auch? Mutlu Günal, der Anwalt von Omar D., sagte unserer Zeitung, die Verdächtigen seien nach seinen Erkenntnissen nicht auf der Anti-Terror-Datei gelistet gewesen. "Deshalb hat die Generalbundesanwaltschaft den Fall auch nicht übernommen", so der Jurist.

Panikreaktion

Günal hält es für einen Skandal, dass die Bonner Staatsanwaltschaft trotz der Einschätzung aus Karlsruhe einen Haftbefehl ausgestellt habe. Die Indizien seien äußerst dürftig, stellt der Rechtsanwalt klar.

Die Verlobte ist eine Deutsche, auch der Brief war in Deutsch verfasst. Dem Anwalt ist unklar, wie die Ermittler das Schreiben dennoch "derart fehlinterpretieren" konnten. "Da ist offenbar jemand in Panik geraten", vermutet Günal.

Oder lagen dem Geheimdienst noch weitere belastende Hinweise vor, die aber nicht gerichtsverwertbar sind ? In Ermittlungskreisen verweist man auf den angeblich geplanten Anschlag von Islamisten auf ein Nena-Konzert im Ruhrgebiet. Auch damals habe man die Verdächtigen entlassen müssen, weil die Beweise nicht verwertbar waren. Dennoch heißt es: "Der Zugriff hat ein Blutbad verhindert."

(RP)
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