Stadt Willich Polizei warnt vor dreisten Trickdieben

Stadt Willich · Mit dem sogenannten "Kettentrick" erleichtern Betrügerbanden bevorzugt hilflose Senioren um wertvollen Goldschmuck. Erst gestern ging ein 58-jähriger Willicher den Dieben in Wekeln auf den Leim.

 Häufig umarmen die Trickdiebe ihre Opfer, nutzen den Moment der Verwirrung aus und klauen den wertvollen Schmuck. Damit ihr Betrug nicht auffällt, tauschen sie den echten Schmuck gegen Attrappen.

Häufig umarmen die Trickdiebe ihre Opfer, nutzen den Moment der Verwirrung aus und klauen den wertvollen Schmuck. Damit ihr Betrug nicht auffällt, tauschen sie den echten Schmuck gegen Attrappen.

Foto: Isabelle Raupold

Eigentlich hatte der 58-jährige Willicher der jungen Dame, die sich bei ihm höflich nach dem Weg erkundigte, nur helfen wollen. Hätte er gewusst, was sie eigentlich im Schilde führte, wäre er wohl vorsichtiger gewesen: Als der Willicher ihr den Weg ins nahegelegene Krankenhaus auf einer Karte zeigte, legte die Dame ihm als Geste der Dankbarkeit eine Goldkette um. Erst Stunden später merkte der 58-Jährige, dass es sich dabei um ein wertloses Imitat handelte - und seine eigene Goldkette fehlte.

Der Willicher wurde gestern mitten in Wekeln zum Opfer des sogenannten "Kettentricks". Zusammen mit dem jüngsten Fall registrierte die Polizei im Kreis Viersen 2014 bereits fünf Fälle dieser Betrugsmasche, im gesamten Vorjahreszeitraum waren es genauso viele. "Die Dunkelziffer dürfte aber noch weitaus höher liegen", befürchtet Harald Moyses von der Kreispolizeibehörde Viersen.

Der Trick funktioniert fast immer gleich: Unter dem Vorwand, den richtigen Weg zu suchen, nähern sich Trickdiebe bevorzugt Senioren. Sie wissen, dass gerade ältere Menschen hilfsbereit sind - und manchmal hilflos. "Die Senioren werden in ein Gespräch verwickelt, klassisch ist die Frage nach dem Weg in ein Krankenhaus, oft geben die Täter vor, dass dort ein Verwandter liegen soll", sagt Moyses. In den meisten Fällen sprechen die Täter nur gebrochenes Deutsch. "Mama krank", heißt es zum Beispiel. Dadurch erregen sie Mitgefühl, genau dann schnappt die Falle zu. "Waren die Senioren beim Weg behilflich, folgt eine überschwängliche Geste der Dankbarkeit, oft eine Umarmung", erläutert Moyses.

Das alles dient der Ablenkung. Die Diebe nutzen den Moment, in dem die Senioren verdutzt sind, um den Schmuck zu stehlen. Damit der Diebstahl nicht sofort auffällt, hängen sie ihren Opfern billige Imitate um. "Das sind geschulte Profis und ungemein raffiniert", sagt Moyses. Anfang März ging auch auf der Heimbachstraße eine Frau den Dieben auf den Leim. Dass ihr Schmuck gestohlen wurde, merkte sie erst Stunden später. Auch in Willich und Kempen waren die Diebe 2014 unterwegs und stahlen unter anderem ein Goldarmband. Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei den Tätern um organisierte Banden aus Südosteuropa. Darauf deuteten die wenigen Fälle hin, in denen Täter identifiziert werden konnten, erklärt der Polizeisprecher. Diese Banden sind aufgrund ihrer Organisationsstrukturen für die Polizei extrem schwer zu fassen: Die Banden operierten von einem zentralen Punkt aus in anderen Orten in NRW. "Sie bleiben einen Tag, stehlen und sind dann woanders", sagt Moyses. Die Polizei spricht deswegen auch von reisenden Tagestätern.

Bitter findet Moyses, dass es für diese Netzwerke nur selten Konsequenzen hat, wenn der Polizei einer der Täter ins Netz geht. Bestraft wird nur der Dieb, der oft nur ein Handlanger sei. Häufig sind die Diebe Jugendliche, die noch nicht strafmündig sind. Sie kommen schnell wieder auf freien Fuß. "Die Banden haben im Falle einer Festnahme Treffpunkte vereinbart, wo sie wieder abgeholt werden", sagt Moyses.

"Wir raten Senioren, vorsichtig zu sein und Fremden mit Skepsis zu begegnen." Die Botschaft hinter diesem Appell ist so erschreckend wie ernüchternd: Nicht der Ehrliche ist der Dumme, sondern der Hilfsbereite.

(RP)
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