Homberg Straßen-Umbenennung: Entscheidung vertagt

Homberg · Rund 60 Anwohner der Hermann-Stehr-Straße und der Agnes-Miegel-Straße haben gestern im Bezirksausschuss noch einmal gegen die von der Verwaltung geplante Umbenennung ihre Straßen protestiert. Bereits als Kulturdezernent Dirk Tratzig die Argumentation vorstellte – die Autoren Stehr (1864-1940) und Miegel (1879-1964) waren erwiesenermaßen nicht nur Mitläufer, sondern aktive Stützen des nationalsozialistischen Regimes, weshalb ihnen die Ehre einer Straßenbenennung nicht gebühre (RP berichtete) – gab es Zwischenrufe. "Das ist doch mehr als 70 Jahre her", rief beispielsweise ein Anwohner.

Rund 60 Anwohner der Hermann-Stehr-Straße und der Agnes-Miegel-Straße haben gestern im Bezirksausschuss noch einmal gegen die von der Verwaltung geplante Umbenennung ihre Straßen protestiert. Bereits als Kulturdezernent Dirk Tratzig die Argumentation vorstellte — die Autoren Stehr (1864-1940) und Miegel (1879-1964) waren erwiesenermaßen nicht nur Mitläufer, sondern aktive Stützen des nationalsozialistischen Regimes, weshalb ihnen die Ehre einer Straßenbenennung nicht gebühre (RP berichtete) — gab es Zwischenrufe. "Das ist doch mehr als 70 Jahre her", rief beispielsweise ein Anwohner.

Mehrmals musste Ausschussvorsitzende Claudia Luderich klarstellen: Erst den Dezernenten ausreden lassen, dann haben die Anwohner das Wort. Tratzig betonte: "Viele Neonazis beziehen sich ganz offen auf Agnes Miegel. Wenn der Name bleibt, ist das schlecht für die Außenwirkung der Stadt." Dann machten die Anwohner beider Straßen ihrem Unmut Luft und spendeten einander immer wieder Applaus: "Wie kommen Sie gerade jetzt auf eine Umbenennung? Das ist doch Korinthenkackerei"; "Da gibt es schlimmere Sachen, sie heißt ja schließlich nicht Eichmann-Straße"; "Wenn wir uns mit sowas beschäftigen, muss es uns verdammt gut gehen"; "Hermann Stehr war doch schon über 60, als er das schrieb"; "Die alte Dame (Agnes Miegel, Anm. d. Redaktion) kann sich ja nicht mehr verteidigen"; "Es ist unvorstellbar, was Sie mit Ihrem Vorschlag anrichten wollen"; "Mich interessiert das alles nicht, warum belästigen Sie uns damit?" Weil sich die Stadt auf die Empfehlung einer Münsteraner Kommission bezieht, die Straßennamensgeber im Dunstkreis des NS-Regimes überprüft hat, erntete Tratzig von den Anwohnern offene Häme: "Sie pinnen von Münster ab, um selbst mal groß rauszukommen." Tratzig dagegen warnte, die Fakten zu beiden Autoren "nicht als lächerlich abzutun". Eine andere Stimme im Ausschuss: Pfarrer Michael Füsgen von der evangelischen Kirchengemeinde Homberg kann die Emotionen und die Angriffe der Anwohner nicht verstehen, er sagte: "Ich bin stolz auf die Stadt Ratingen, weil sie sich die Mühe macht, genau hinzuschauen und keine Scheu hat, den unbequemen Weg zu gehen." Für diesen Einwand gab es keinen Applaus.

Und der Ausschuss? Vertagte die Entscheidung auf die nächste Sitzung, weil SPD und CDU Beratungsbedarf anmeldeten. Die Grünen würden umbenennen und auch Hannelore Hanning (FDP) schloss nicht aus, den unbequemen Weg zu gehen. Die BU will nicht umbenennen, weil die Anwohner geschlossen dagegen sind.

(RP)
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