Ratingen Politik braucht gute Rezepte

Ratingen · Susanne Stocks will als Direktkandidatin für Bündnis 90/Die Grünen in den Landtag einziehen. Dort arbeitet sie bereits seit vielen Jahren. Ihre Hauptthemen: Kinder und Jugend, Ausbau des ÖPNV.

Der Landtagswahl ist auch für Susanne Stocks, Direktkandidatin für Bündnis 90/Die Grünen, kurz und stressig. Ihren geliebten samstäglichen Einkaufsbummel auf dem Ratinger Wochenmarkt muss sie vorverlegen: Erst einkaufen – am besten Gemüse aus heimischem Anbau und das bitte immer bio – dann zum Info-Stand ein paar Schritte weiter. Ganz konkrete Politik steht dort im Vordergrund: Unterschriftenlisten gegen Fracking liegen aus.

Die 50-Jährige ist eine erfahrene Kommunalpolitikerin, bodenständig, immer realistische Ziele vor Augen. Bei der Kreismitgliederversammlung bekam sie mit 93 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis alle vier Kandidaten im Kreis Mettmann. "Ein Vertrauensbeweis", stellt sie nüchtern fest.

Zu Höhenflügen setzt sie nicht an. Sie sei nicht "schwindelfrei": Das habe sie beim berüchtigten Wanderweg GR 20 auf Korsika gemerkt. Den hat sie im Gegensatz zum Dolomiten-Höhenweg nicht ganz geschafft. Man muss seine Grenzen kennen, auch die in der Politik. Ein weiteres beitragsfreies Kindergartenjahr sei "im Moment" nicht zu finanzieren. Allerdings müsse man weiter in den Ausbau der U-3-Betreuung investieren. Die Familien wollten ihre Kinder in Tagesstätten unterbringen und nicht bei Tagesmüttern. Auch das sei ein Beitrag zur Chancengleichheit.

Wenn es das Wetter zulässt, radelt Stocks mit dem Drahtesel zum Landtag: Sie ist persönliche Referentin von Oliver Keymis, Landtagsvizepräsident. Ansonsten nutzt sie die S-Bahn. Ein leidiges Thema: Das sei Sache des VRR, die Politik vor Ort und im Landtag habe da nur beschränkte Einflussmöglichkeiten: "Der Bund hat die Mittel gekürzt." Die S 6 werde stiefmütterlich behandelt, das sei richtig. Auch um die Westbahn werde sie weiter kämpfen: "Dass Lintorf und West nicht ans Schienennetz angebunden sind, ist ein Unding." Man müsse die Mehrkosten prüfen. ÖPNV ausbauen, Straßen erhalten und auf Neubauten verzichten: Das beste Beispiel sei die L 239, die nun ausgebaut werde, sagt Stocks. Sie freut sich über die Entscheidung, die letztlich vom Roststift diktiert wurde. Dass Bäume gefällt werden mussten, sei natürlich schade, doch das sei kein Vergleich zu einem Kahlschlag für eine neue Trasse mitten durchs Schwarzbachtal.

Twitter und Facebook

Viele Politiker setzen auf Netzwerke wie Twitter und Facebook. Bei Stocks tut sich da nicht viel, selbst das Internetprofil ist nicht ganz auf dem neuesten Stand: "Keine Zeit." Und sie gibt es offen zu: Die Twitter-Sprache sei nicht ihr Ding. "Ich setze lieber auf das persönliche Gespräch."

Das habe es während der Minderheitsregierung hintern den Kulissen im Landtag recht häufig gegeben. Schließlich habe man Kompromisse eingehen müssen. "Es gibt zwischen den Fraktionen mehr Gemeinsamkeiten als zugegeben werden", hat Stocks festgestellt. Twitter, Facebook, Internet: Die Transparenz der Piraten habe es bei den Grünen auch von Anfang gegeben. "Unsere Fraktionssitzungen sind öffentlich." Beim Thema Piraten wird Stocks nachdenklich. Die Erfolge seien auch ein Ausdruck von Unzufriedenheit beim Wähler. Und: "Unverbrauchtheit macht sexy." Doch sobald man sich ernsthaft mit einem Thema beschäftige, werde schnell klar, dass es keine einfachen Rezepte gebe, dafür sei die Welt zu komplex. Eine zu starke Piratenpartei im Landtag berge die Gefahr einer großen Koalition.

Beim vergangenen Landtagswahlkampf zog Stocks mit grünen Promis durch die Lande und versuchte mit ihren Kochkünsten, von denen regelmäßig auch die Landtagsfraktion profitiert, den Wählern grüne Rezepte schmackhaft zu machen. Diesmal bleibt dafür keine Zeit. Immerhin: Am Samstag, 5. Mai, gibt es auf dem Markt Chutney, eine süß-scharfe Sauce. Soviel Genuss muss sein.

(RP)
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