Neuss Landfrauen fordern Schulfach Hauswirtschaft

Neuss · Gesunde Ernährung und Haushalten sind für junge Leute oft Fremdworte, haben die Landfrauen festgestellt. Sie tagten gestern.

 NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann, die Landfrauen Margret Vosseler und Brigitte Scherb sowie TV-Moderatorin Petra Gerster

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann, die Landfrauen Margret Vosseler und Brigitte Scherb sowie TV-Moderatorin Petra Gerster

Foto: Woi

Seit 40 Jahren ist Micheline Bonnen Mitglied bei den Rheinischen Landfrauen. "Durch meine Heirat bin ich Bäuerin geworden", erzählte die 67-Jährige. Keine Frage, dass sie da auf Anregung älterer Frauen dem Verband beitrat. "Es ist wichtig, dass wir uns nach außen präsentieren und zeigen, dass wir eine Gemeinschaft bilden." Mittlerweile ist sie Vorsitzende des Ortsverbands Kaarst/Neuss-Nord. Zusammen mit mehreren 100 weiteren Bäuerinnen und Frauen vom Land kam sie gestern in die Neusser Stadthalle zum Rheinischen Landfrauentag.

"Wir können gut kochen und backen, aber wir können noch viel mehr: Wir setzen uns für die Interessen von Frauen auf dem Land und für die Gesellschaft ein", sagte Margret Vosseler, Vorsitzende der Rheinischen Landfrauenvereinigung. Vor allem fordere der Verband ein eigenes Schulfach zu Ernährung und Verbraucherbildung. "Hauswirtschaftliches Wissen geht leider verloren." Darauf müsse die Politik reagieren, erklärte Vosseler und sprach damit NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) an, die als Gastrednerin eingeladen war.

Die sieht ebenfalls Bedarf an entsprechender Ausbildung der Kinder. "Aber wir können nicht für alles eigene Schulfächer einführen", sagte die Ministerin. Vielmehr müsse man Wege finden, das nötige Wissen in die bestehenden Fächern einfließen zu lassen. "Für das Schuljahr 2015/2016 wird es Handreichungen für die Schulen zu den Themen Ernährung und Hauswirtschaft geben", kündigte Löhrmann an. Sie lobte den Einsatz der Landfrauen: "Sie leisten unter anderem mit Ihrem Ernährungsnavigator wertvolle Arbeit an Schulen."

Auch Männer waren beim Rheinischen Landfrauentag vertreten, beispielsweise Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. Er stamme aus einem Ort im Rhein-Sieg-Kreis, in dem seine Eltern einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb hatten. "Da habe ich als Kind mitgeholfen", berichtete der Wahl-Grevenbroicher im Gespräch mit Jutta Kuhles, Vizepräsidentin des Rheinischen Landfrauenverbandes. Jetzt kümmere er sich regelmäßig um die Beeren im eigenen Garten.

Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse an den Mann und die Frau zu bringen, gelinge insbesondere den Landfrauen sehr gut, stellte Bernhard Conzen, Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, fest. Viele Menschen, die sich mit "Fast Food" und Fertigprodukten angefreundet hätten, müsse man aber erst wieder für die regionalen Produkte und das Selbstkochen gewinnen. "Wir müssen den Verbrauchern vermitteln, dass die Landwirtschaft saubere Arbeit macht."

Brigitte Scherb, Präsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes, sah noch eine weitere Aufgabe für ihre Vereinigung: die Förderung der Frauen. "Immer noch sind viel zu wenig Frauen in Führungspositionen", sagte die studierte Juristin. Daher komme man um Frauenquoten nicht herum.

Der Nachmittag in der Stadthalle war abwechslungsreich. Fernsehmoderatorin und Buchautorin Petra Gerster widmete sich in einem Vortrag dem "Charakter, ein vergessenes Bildungsziel". Fünf Landfrauen berichteten von ihren ersten Jahren im Verband; im Foyer präsentierten sich unter anderem Verbraucherzentrale, Energieberatung und Naturschutzstiftung der rheinischen Landwirtschaft. Außerdem gab es Gelegenheit, sich bei Kaffee und Kuchen auszutauschen.

"Ein sehr schönes Programm", lobte Landfrau Micheline Bonnen und ergänzte schmunzelnd: "Wenn Herr Petrauschke will, steht ihm die Tür offen, bei unserem Ortsverband Fördermitglied zu werden." 20 Euro müsse er dafür im Jahr aufbringen.

(NGZ)
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