Mönchengladbach Schulschwänzer lernen wieder

Mönchengladbach · Notorisches Schuleschwänzen lässt immer wieder Jugendliche in der völligen Perspektivlosigkeit zurück. Dabei geht es auch anders. Das zeigt das Beispiel der 16-jährigen Marina*.

Marina* ging aufs Gymnasium, war 13 Jahre alt, als es bei ihr mit dem Schulschwänzen anfing. Sie ging morgens aus dem Haus, stieg in irgendeinen Bus und fuhr herum. Stundenlang, bis zum Mittag, manchmal jeden Tag in der Woche. Was sie gemacht hat? "Musik gehört", sagt sie und blickt dabei, als könne sie das alles selbst nicht erklären.

Marina hat eine steile Karriere abwärts durch das Schulsystem hingelegt: Gymnasium, Realschule, Hauptschule, und am Ende ging sie nicht mehr hin. Heute ist sie 16 und wieder auf dem Weg nach oben. Geschafft hat sie es durch das Projekt "Comeback" in Giesenkirchen. Hier werden Schulverweigerer, im Augenblick ist es eine Gruppe von zehn Schülern, behutsam von zwei Lehrern und einem Sozialarbeiter unterrichtet. "Die Gründe dafür, warum Schüler den Sinn am Lernen verlieren, sind vielfältig", weiß Sozialarbeiter Markus Lamberti. "Viele, egal ob von Gymnasium oder Hauptschule, haben Misserfolge erlebt" — mitunter begleitet von Problemen in der Familie, mit Mobbing oder mit Lehrern.

Keine Chance für Schwänzer

So, wie in Marinas Fall. Sie kommt nur zögerlich darauf zu sprechen: "Meine Klassenlehrerin hatte mich irgendwie auf dem Kieker. Wenn ich was Falsches gesagt habe, hat sie mich fertig gemacht." Und dann machte sie sich mit 13 nicht viele Gedanken über ihr Schwänzen: "Mir war nicht klar, dass man dafür fliegen kann." Aber so war es. Auf der Realschule sollte sie nur bleiben dürfen, wenn sie drei Monate lang gute Noten sammelte. Sie bekam Zweien und Dreien — und eine Vier in Mathe. Das war zu schlecht, sie landete auf der Hauptschule — und fand es furchtbar. "Es war langweilig. Und unter den Schülern herrschte ein ganz aggressiver Umgang, die Leute haben sich gegenseitig beleidigt."

Sie sprach noch einmal bei einer Realschule vor, aber da erklärte man ihr, für Schulschwänzer wie sie gebe es überhaupt keine Chance. Irgendwann blieb sie einfach weg — am Ende drei Monate am Stück: "Ich wusste selbst nicht, wo das hinführen sollte." Die Sozialarbeiterin ihrer Schule vermittelte sie in "Comeback".

Respektvoller Umgangston

Hier gibt es keinen Stundenplan, keine festen Termine für Prüfungen, der Umgangston ist immer respektvoll. Und Marina hat wieder Spaß am Lernen: "Nach den Ferien habe ich mich gefreut, wieder herzukommen." Sie arbeitet gern selbstständig, will den Realschulabschluss machen, ist stolz auf gute Noten. Ihr Lieblingsfach: Mathe. * Name geändert

Land und Leute Seite A 3

(RP)
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