Duisburg Mafiamorde: Ein Jahr danach

Am 15. August 2007 wurden sechs Italiener vor dem Duisburger Restaurant "Da Bruno" erschossen. Die Täter sind immer noch flüchtig, doch die Duisburger wollen mit dem Kapitel endlich abschließen.

Duisburg: Mafiamorde: Ein Jahr danach
Foto: AP, AP

Aus dem "Da Bruno" ist die "Silbertafel" geworden. Nach einem Komplett-Umbau lädt Gastronom Antonio Link hier nun zu mediterran-deutschen Speisen in gehobener Klasse und versucht das Gewesene vergessen zu machen. Auch in der italienischen Gemeinde Duisburg hat man die Mafia-Morde inzwischen zu den Akten gelegt: "Aus unserer Heimat sind wir solche Verbrechen leider gewöhnt, in Kalabrien oder Sizilien gehört der Tod fast zum Alltag. Irgendwann schließt man einfach damit ab", sagt die Vorsitzende der deutsch-italienischen Gesellschaft, Enza Ruffini-Webb.

Nicht enden wollende Schusssalven schreckten in der Nacht zum 15. August Autofahrer und Passanten in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs auf. Der Polizei bot sich ein Bild des Grauens: Ein weißer Opel-Kleinlieferwagen und ein fast neuer schwarzer Golf, von Kugeln zerfetzt. In den Fahrzeugen lagen sechs Italiener, der jüngste gerade einmal 16 Jahre alt. Die Männer wurden niedergemäht und anschließend mit Kopfschüssen hingerichtet.

Aufnahmeritual zelebriert

Schnell ist für die Fahnder klar, dass hier eine der mächtigsten und kaltblütigsten italienischen Mafiaorganisationen, die kalabrische 'Ndrangheta, zugeschlagen hatte. Wie die Polizei später erklärt, war in der Mord- und Geburtstagsnacht für den 18-jährigen Tommaso, einen Lehrling im "Da Bruno", das traditionelle Aufnahmeritual in die Mafia zelebriert worden.

Auslöser für die Bluttat war nach bisherigen Erkenntnissen eine jahrzehntelange Fehde zwischen zwei Mafia-Clans, der Vottari/Romeo/Pelle- und Nirta/Strangio-Familie aus San Luca. Aus dem Dorf im der süditalienischen Provinz Reggio Calabria stammen fünf der Opfer. Als einen von zwei Duisburger Killern machte die Polizei Ende August Giovanni Strangio, einen 28-jährigen Italiener aus dem niederrheinischen Kaast, aus. Er ist ein Verwandter der Ehefrau eines Nirta-Strangio-Clanmitglieds, die bei einer Auseinandersetzung zwischen den verfeindeten Familien Weihnachten 2006 in San Luca getötet worden war. Sie hatte versucht hatte, ihr fünf Jahre altes Kind zu schützen. Marco Marmo, der für diesen Mord verantwortlich sein soll, war eines der Duisburger Mafiaopfer.

Hauptverdächtiger weiter abgetaucht

Immer wieder gelang der italienischen Polizei in den vergangenen Monaten die Verhaftung Dutzender Mitglieder der verfeindeten Clans. Bei zahlreichen Razzien ging den Mafiajägern im Mai unter anderem ein 68-jähriger Clanchef ins Netz. Vergangenen Donnerstag wurden ein Schwager Giovanni Strangios und am Dienstag ein vermutlich weiterer Hintermann der Blutsfehde verhaftet.

Weiterhin abgetaucht ist jedoch der Hauptverdächtige für das Duisburger Massaker wie auch der zweite Täter, dessen Identität laut Duisburger Polizei noch nicht abschließend geklärt ist. "Wir sind fest davon überzeugt, dass wir mit Giovanni Strangio auf der richtigen Spur sind", sagte der Duisburger Polizeisprecher Reinhard Pape. Statt der ehemals 150 Ermittler sitzen heute zwar nur noch eine Handvoll Beamte an dem Fall. Auch die letzten, zur Unterstützung angereisten italienischen Kollegen haben Duisburg inzwischen verlassen. "Wir sind aber ganz sicher, dass wir die Täter kriegen", betonte Pape.

Die Duisburger Vorsitzende der deutsch-italienischen Gesellschaft, Ruffini-Webb, hat da ihre Zweifel. "Die wirklich Verantwortlichen bei solchen Mafia-Morden bekommt man doch nie - auch das ist etwas, was wir als Italiener aus der eigenen Heimat genau kennen."

(ap)
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