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Dinslaken Vom Schicksal der Juden

Dinslaken · Über Monate hinweg hat Buchhändlerin Anne Prior zur Geschichte der Juden in Dinslaken recherchiert. Jetzt präsentierte sie ihre Ergebnisse in Buchform. "Wo die Juden geblieben sind, ist nicht bekannt" heißt das Werk.

Es ist eine beeindruckende Faktensammlung, die Anne Prior zum Novemberpogrom des Jahres 1938 in Dinslaken zusammengestellt hat: Aussagen von Zeugen, eidesstattliche Erklärungen, Fotos und Auszüge aus Akten und anderen Dokumenten hat sie in ihrem Werk "Wo die Juden geblieben sind, ist [... ] nicht bekannt" zusammengestellt. 136 Seiten stark ist diese Sammlung von historischen Fakten, die neben einer Dokumentation der Ereignisse auch die Kurzbiographien einiger Beteiligter umfasst.

"Das Erschreckende für mich waren die vielen Schüler und Jugendlichen, die von zwei Lehrern zu diesen Taten angestachelt wurden", erklärte Anne Prior. Während ihrer Recherchearbeit, die sie bis in die Wiener Library nach London führte, förderte sie immer wieder neue Fakten zu Tage. "Heute weiß ich auch schon wieder mehr als zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Buches", saget sie.

Ein Puzzleteil

Was da alles geschildert wird, ist grausam. Die Synagoge an der heutigen Klosterstraße stand in Flammen und e niemand wollte helfen. Schüler und Jugendliche, angestachelt von ihrem Lehrer Erich Hildebrand, verwüsteten die Dinslakener Innenstadt und auch Wohnungen der hier lebenden Juden.

"Anne Prior hat ein neues Puzzleteil zum Bild der Stadtgeschichte hinzugefügt", meinte der stellvertretende Bürgermeister Thomas Groß. "Das Buch sollte uns alle zum genauen Hinsehen ermahnen", sagte er weiter. Denn schließlich wären es nicht nur die Nazis selbst gewesen, die in Dinslaken Unheil angerichtet haben, sondern auch Bürger der Stadt — egal, ob durch aktives Handeln, oder durch ihr Schweigen. Die Aktionen gegen die Juden hatten zur Folge, dass nahezu die gesamte jüdische Gemeinde aus Dinslaken verschwand und nach dem Zweiten Weltkrieg auch keine neue jüdische Gemeinde hier gegründet wurde.

Bei ihrer Recherche stieß Anne Prior auch auf weitere Opfer, die bisher noch nicht bekannt waren: alleine 29 weitere aus Familien, die aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf verschleppt wurden.

Das alles wird im Buch von Anne Prior sehr nüchtern geschildert. "Wer moralisiert, hat schon verloren. Nur Fakten zählen", sagt die Autorin.

Fassungslos

Immer wieder stieß Anne Prior während der Arbeit an dem Buch auf Dinge, die ihr die Sprache raubten — gerade wenn Kinder zu Opfern wurden. "Es gab Momente, da war ich einfach fassungslos", sagt sie. Jetzt ist sie froh, dass ihr Buch endlich erschienen ist. "Damit ist ein großer Ballast von mir abgefallen", sagt sie.

(RP)
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