Voerde Vermittelnder Architekt

Voerde · Interview Der Voerder Architekt Herbert Fahnenbruck (56) berichtet von seinen öffentlichen Bestellungen der Industrie- und Handelskammer Duisburg sowie seiner Zusatzausbildung im Bereich Mediation.

 Architekt Herbert Fahnenbruck mit dem Plan eines Grundstücks, das er bewerten soll.

Architekt Herbert Fahnenbruck mit dem Plan eines Grundstücks, das er bewerten soll.

Foto: Martin Büttner

Es ist nicht so, als wäre Herbert Fahnenbruck als Architekt nicht ausgelastet gewesen. Doch der 56-Jährige ist von Natur aus an vielen Dingen interessiert, verfügt über ein breites Wissensspektrum. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er nach seiner öffentlichen Bestellung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Duisburg für das Fachgebiet "Schäden an Gebäuden" vor etwas mehr als zehn Jahren erst so richtig Blut leckte. Dieser zusätzlichen Aufgabe ließ er eine Zusatzausbildung im Bereich Mediation folgen – und im Mai stand eine weitere öffentliche Bestellung für das Fachgebiet "Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken" an. RP-Mitarbeiter Sebastian Mühleis sprach mit Fahnenbruck über seine Tätigkeit und interessante Fälle.

Herr Fahnenbruck, Sie sind gleich in zwei Gebieten öffentlich und vereidigt bestellt. Was bedeutet das?

Fahnenbruck Die Vereidigung bedeutet im Prinzip "nur", dass ich in Gerichtsverhandlungen nicht mehr die Hand heben und schwören muss, dass ich die Wahrheit sage, da ich öffentlich vereidigt bin.

Wie wird man öffentlich bestellt?

Fahnenbruck Die so genannten Bestellkörperschaften der IHK nehmen die Bestellungen vor, wenn ein Gericht ein Gutachten anfordert. Die IHK prüft zunächst sorgfältig die persönliche Eignung. Der Nachweis der Qualifikation wird durch umfassende bundeseinheitliche Prüfverfahren erbracht.

Was machen Sie genau in den beiden Bereichen, in denen Sie öffentlich bestellt sind?

Fahnenbruck Ich fertige Gerichts- und Privatgutachten an. Da ich in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht habe, dass Schäden am Bau, Werte von Immobilien und Konflikte, die deswegen entstehen, eng verwoben sind, kam mir die zweite Bestellung im Mai gelegen. Ich nenne als Beispiel Erbschaften. In diesem Bereich können bei einer Immobilie ganz unterschiedliche Wertvorstellungen entstehen – etwa je nachdem, wie hoch der ideelle Wert für den Erben ist. Daraus entwickeln sich oft große Wertdiskrepanzen, unabhängig vom tatsächlichen Zustand des Gebäudes.

Das bedeutet konkret?

Fahnenbruck Unser Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, hat nicht umsonst in einer Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass in Deutschland mindestens 900 000 Häuser wegen ihres Zustandes abgerissen werden müssten. Ich vermute, dass die Zahl sogar höher ist. Es gibt halt einen physischen Zerfall, da reicht es, einen Blick auf die Fugen an Häusern werfen. Aber Erben haben oft Schwierigkeiten solche Bewertungen zuzulassen.

In welchem Bereich wird es für Sie besonders interessant?

Fahnenbruck Wenn es an die Bewertung von Krankenhausimmobilien geht. Mittlerweile müssen sie die Instandhaltung ja selbst übernehmen. Kommt es nun zur Situation, dass ein Krankenhaus investieren muss, dann braucht es einen Kreditgeber. Diese benötigen wiederum Sicherheiten. In der Regel ist das ein Eintrag ins Grundbuch, um im Insolvenzfall auf die Immobilie zugreifen zu können. Das ist in diesem Beispiel aber nicht möglich – denn nach dem Zwangsversteigerungsrecht darf ein Krankenhaus gar nicht versteigert werden. Was nützt mir da ein Eintrag im Grundbuch? Und es gibt noch ein zweites Problem: Krankenhäuser stehen auf Sondergebieten, die extra für sie spezifiziert sind. Das bedeutet: Ich kann auf diesem Grundstück nicht mal eben ein Hotel bauen. Deshalb steckt in diesem Bereich aktuell eine große Herausforderung. Es müssen Modelle entwickelt werden, um dieses Problem zu lösen.

Wie kamen Sie angesichts dieser spannenden Beispiele darauf, zusätzlich noch eine eineinhalbjährige Ausbildung im Bereich Wirtschaftsmediation in Hamburg zu absolvieren?

Fahnenbruck Es gibt jedes Jahr deutschlandweit 80 000 Baustreitigkeiten, aber nur rund 1000 Kollegen meiner Spezies. Nach meiner Einschätzung entstehen aber knapp 80 Prozent aller Baustreitigkeiten emotionsbedingt, lassen sich daher auch außerhalb von Gerichtssälen lösen – oder dort sogar besser, als darin. Denn liegt eine Sache erst einmal bei einem Rechtsanwalt, dann nimmt der Beschuldigte schnell eine Abwehrhaltung ein. In der Mediation biete ich den Parteien hingegen einen Raum – und Zeit. Daran fehlt es oft in diesen Fällen: Man findet nicht mehr den einen Tisch, an den man sich gemeinsam setzen kann.

Was tun Sie genau?

Fahnenbruck (lacht) Grundsätzlich formuliere ich das Protokoll – den Rest machen die Parteien. Die Mediation hat die Eigenschaft, dass sie Eskalationen zulässt. Danach muss ich wieder Ruhe reinbringen. Im vergangenen Jahr hatte ich meine bislang schönste Mediation. Morgens um 10 Uhr ging es um offene Bürgschaften von 800 000 Euro und Dinge, die noch erledigt werden mussten. Abends um 19 Uhr hatte ich die Unterschrift von allen Beteiligten und der Fall war erledigt.

(seba)
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