Philippe Djian im Heine-Haus

Frau und Tochter verbrennen bei einem Autounfall, Jahrzehnte später verschwindet die zweite Tochter des Schriftstellers spurlos. Er schaltet seine Schulfreundin ein, die heute Detektivin ist und einen kriminellen Sohn hat. Der erzählende und sich erinnernde Mensch, ein Schriftsteller (60), wird immer deprimierter, fühlt sich wie in einer Gruft. Und was sagt der Erfinder dieses krimihaften Romans dazu? "Ich will keine Geschichten erzählen. Wer Geschichten sucht, soll Zeitung lesen. Mir geht es um die Sprache, Stil und Tonfall."

Der französische Autor Philippe Djian (61) kommt mit seinem Roman "Die Leichtfertigen" (Diogenes) ins Heine-Haus und bekennt im Gespräch mit Hans Siepe so mancherlei Paradoxes. Klar, dass er gern Literaten als seine Helden nimmt, denn deren Welt ist ihm vertraut. Deren Schicksale sind natürlich erfunden. Spannend – und dennoch unbedeutend? Der dialogreiche Sprachfluss, so leicht und locker wirkend, ist Ergebnis eines intensiven Ringens mit der Sprache, erklärt Siepe. Keine Nachricht, die mitschwimmt? Nur Medium, keine Botschaft? Woher dann die packende Kraft seines Erzählens?

Djian, in seiner Bescheidenheit kokett, gibt Einblick in seine Lehrjahre: "Mit 20 suchte ich Autoren, die mich das Leben lehren sollten – und den richtigen Ton zu treffen." Und so entwickele sich, ohne Plan, jedes Universum eines Buchs aus dem ersten Satz: "Ich prüfe nur, ob der Ton hält." Und: "Die Sprache ist für mich ein Instrument, die Welt so zu fassen, wie sie ist – ohne dass ich moralisierend auftreten möchte." Kaum denkt man ans Johannesevangelium, "Am Anfang war das Wort", wird man durch Djian ernüchtert. Ein Schöpfer will er nicht sein. Womöglich ist er ein Spieler. WERNER SCHWERTER

(RP)
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