Nordrhein-Westfalen Neue Häftlinge sollen in Uralt-Gefängnissen untergebracht werden

Mönchengladbach · Die Justizvollzugsanstalten in Mönchengladbach und Krefeld wurden gerade erst geschlossen, jetzt sollen die Zellen doch wieder belegt werden. Derzeit sind die 36 Gefängnisse in NRW mit 16.480 Häftlingen stark ausgelastet.

 Die JVA-Außenstelle in Krefeld wurde von 1892 bis 1894 erbaut - mittlerweile steht sie unter Denkmalschutz. Nach der Schließung zum Jahresende soll sie nun wieder als Gefängnis dienen. Wann die ersten Zellen tatsächlich wieder von Häftlingen belegt werden, ist noch unklar.

Die JVA-Außenstelle in Krefeld wurde von 1892 bis 1894 erbaut - mittlerweile steht sie unter Denkmalschutz. Nach der Schließung zum Jahresende soll sie nun wieder als Gefängnis dienen. Wann die ersten Zellen tatsächlich wieder von Häftlingen belegt werden, ist noch unklar.

Foto: Lammertz

Im alten Gladbacher Gefängnis stehen alle Türen offen. Auf den Fluren herrscht gähnende Leere. Es ist hell, die Sonne scheint durch die vergitterten Fenster. In den Gängen hallen die Schritte auf dunkelgrünem Linoleum. Die Luft ist schwer und abgestanden, das Quietschen der Stahltüren schneidet durch die Stille. Niemand ist da. Der Knast ist verwaist.

Internes Dokument

Das ändert sich bald. Die Landesregierung nimmt die Justizvollzugsanstalten in Mönchengladbach und Krefeld wieder in Betrieb, das bestätigte das NRW-Justizministerium. Beide waren erst zum Jahresende geschlossen worden, weil NRW-Justizminister Thomas Kutschaty fand, es gebe zu viele Haftplätze in NRW. Schon zu diesem Zeitpunkt belegte ein internes Dokument aus dem Justizministerium allerdings, wie sehr die Gefängnisse in NRW aus den Nähten platzten und es fast überall zu Überbelegungen kam.

Doch auch jetzt heißt es aus dem Ministerium noch: "Wer einen Haftplatz braucht, der bekommt auch einen. Wir haben ausreichend Plätze." Zum Stichtag 7. März 2016 waren in den 36 Gefängnissen in NRW 16.480 Häftlinge untergebracht.

CDU zweifelt an Machbarkeit

Die Kapazitäten in den Haftanstalten reichen nicht aus, sagt hingegen Peter Biesenbach, Justizexperte und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im NRW-Landtag. Er ist der Ansicht, dass die Reaktivierung der beiden alten Gefängnisse nicht genüge, allenfalls eine Entlastung bringe. Es müssten ausreichend Plätze vorgehalten werden, auch um dem eventuellen Anspruch von Häftlingen auf eine Einzelzelle gerecht werden zu können. Seine Partei habe schon mehrfach betont, dass die Schließungen von Haftanstalten unsinnig seien.

"Mit dem Vorhaben, die Gefängnisse wieder zu öffnen, wird eine falsche Entscheidung korrigiert." Auch Dirk Wedel, rechtspolitischer Sprecher der NRW-FDP, glaubt, dass sich die Landesregierung bei dem Entschluss, Gefängnisse zu schließen, offensichtlich verkalkuliert hat. Wedel: "Das Ministerium wäre gut beraten gewesen, die Politik darüber zu informieren, dass die Wiedereröffnung im Bereich des Möglichen ist. Erst nach den Beratungen des Rechtsausschusses so eine Nachricht zu veröffentlichen, ist für mich eine unverständliche Informationspolitik."

Laut Justizministerium sollen die Gefängnisse in Mönchengladbach und Krefeld zukünftig als Ausweichquartiere dienen, wenn andere Hafthäuser saniert werden und dadurch Zellenplätze wegfallen. Aufgrund der Altersstruktur der Haftanstalten gebe es einen hohen Sanierungsbedarf, sagte der Sprecher. Deswegen habe die Landesregierung ein Justizmodernisierungsprogramm mit einem Investitionsvolumen von rund 740 Millionen Euro aufgelegt.

Begehung fand bereits statt

Aber auch die Gefängnisse, die jetzt reaktiviert werden, sind alt. Mönchengladbach wurde in den Jahren 1910 bis 1912 erbaut, Krefeld von 1892 und 1894. Beide Hafthäuser stehen unter Denkmalschutz und verfügen zusammen über 190 Plätze. Der letzte Häftling in Mönchengladbach wurde am 31. Juli 2015 nach Willich verlegt. Bis dahin waren Gladbach und Krefeld Zweigstellen der JVA Willich I. Dort soll nach Insiderberichten der Platz mittlerweile derart beengt sein, dass eine Trennung zwischen Untersuchungshaft und Strafvollzug kaum mehr möglich ist.

Sicherungsmaßnahmen in Auftrag gegeben

Wie unsere Redaktion erfuhr, hat es in Mönchengladbach bereits eine erste Begehung durch Vertreter des Justizministeriums gegeben. In Kürze sollen rund 30 Kameras installiert und Sicherheitstechnik aufgebaut werden. Zwar gibt es kein Mobiliar mehr in den Zellen. Aber: Das Telefon im Pförtnerhäuschen funktioniert noch, und der Abfallkalender für 2016 hängt pflichtbewusst neben der Tür. Bleibt die Frage nach dem Personal. Nach Informationen unserer Redaktion wurden mit der Schließung der Zweigstellen auch Vollzugsbeamte mit anderen Aufgaben betraut - Personal, das nun dringend benötigt wird, um die Zweigstellen wieder zu reaktivieren.

Wann in Mönchengladbach und Krefeld wieder die ersten Zellen von Häftlingen bezogen werden, dazu konnte der Sprecher des Justizministeriums gestern noch keine genauen Angaben machen. Nur so viel: "Sicherlich nicht morgen oder in der nächsten Woche." Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes müsse als Vermieter in beiden Häusern zuvor noch einige Sicherungsmaßnahmen in Auftrag geben.

(RP)
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