Aktuelle Studie zum Gesundheitssystem Patienten sorgen sich um richtige Behandlung

Berlin (RPO). Angesichts des Kostendrucks im deutschen Gesundheitswesen fürchten viele Menschen Einschränkungen bei der Behandlung. 42 Prozent der Deutschen machen sich Sorgen, im Krankheitsfall eine notwendige Leistung nicht verschrieben zu bekommen.

2011: Das sind die wichtigsten Fakten des Gesundheitsreports
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Foto: AP

Das ergab eine Studie des Allensbach-Instituts und des Finanzdienstleisters MLP, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. 38 Prozent der gesetzlich Versicherten und neun Prozent der privat Versicherten hätten das Gefühl, dass ihnen aus Kostengründen bereits Behandlungen oder Medikamente vorenthalten wurden.

Auch 55 Prozent der Ärzte haben demnach aus Kostengründen bereits auf eine medizinisch notwendige Behandlung verzichtet, wie unsere Redaktion bereits am Mittwoch vorab berichtete. Unter den niedergelassenen Ärzten bekannten sich 62 Prozent dazu, auf Behandlungen verzichtet zu haben, die "aus medizinischer Sicht angeraten gewesen wären". Unter den befragten Krankenhausärzten waren es 49 Prozent.

Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sagte, die Ergebnisse gäben zu denken, relativierte allerdings sogleich, dass es nicht um lebensnotwendige Leistungen oder Notfallversorgungen gehe. "Es geht um Leistungen, die man verschieben kann" - etwa Vorsorgetermine, sagte Montgomery und fügte hinzu: "Wir kennen keine Fälle, wo Patienten zu Schaden gekommen sind."

Demografie als Grund für Finanzprobleme gesehen

Gefragt nach den Gründen für die finanziellen Probleme der gesetzlichen Krankenkassen geben 70 Prozent überhöhte Medikamentenpreise und 68 Prozent die demografische Entwicklung an. Mehr als jeder zweite Patient glaubt aber auch, dass viele Deutsche häufig unnötig zum Arzt gehen. Bestätigt wird diese Einschätzung von 70 Prozent der Ärzte.

Vor dem Hintergrund der Debatte um die Finanzierung des Gesundheitssystems unterstützen es rund zwei Drittel der Bürger, Versicherte, die nicht zu Vorsorgeuntersuchungen gehen, stärker an Behandlungskosten zu beteiligen. Ähnlich hoch ist die Zustimmung für den seit Jahren immer wieder diskutierten Vorschlag, dass nicht unbedingt zur Heilung von Krankheiten notwendige Leistungen nicht mehr von den Kassen übernommen werden sollten.

Grundsätzlich bewerten 70 Prozent der Bürger die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems als "gut" oder "sehr gut". 2009 waren dies nur 64 Prozent. Bei den Ärzten beurteilen 88 Prozent das Gesundheitssystem positiv. Im vergangenen Jahr waren es 82 Prozent,

Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland damit aber hinterher: Niederländer, Schweizer und Schweden bewerten ihr Gesundheitssystem deutlich besser; zugleich sorgen sie sich weniger um die Behandlung bei Krankheiten.

Zweifel an Gesundheitsreform

Zwei Drittel der Patienten und 93 Prozent der Ärzte in Deutschland zweifeln daran, dass die von der Koalition beschlossene Gesundheitsreform, die unter anderem eine Anhebung des Beitragssatzes ab Januar und einkommensunabhängige Zusatzbeiträge vorsieht, die Finanzierung des Gesundheitssystems für längere Zeit sicherstellen kann.

In der aktuellen Diskussion um die Reform der Pflegeversicherung sehen die Bürger die Politik in der Pflicht: 64 Prozent sind der Meinung, dass das Thema in der Politik einen höheren Stellenwert einnehmen muss. Lediglich 15 Prozent der Deutschen glauben, im gesetzlichen Pflege-System ausreichend abgesichert zu sein; mehr als zwei Drittel fühlen sich unterversorgt.

Für den MLP-Gesundheitsreport wurden rund 1800 Bundesbürger und mehr als 500 Ärzte sowie erstmals repräsentative Bevölkerungsteile in den Niederlanden, Schweden und der Schweiz befragt.

(AFP/dapd/das)
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